Bakterien gegen Ölpest

■ Sandstürme und verseuchtes Wasser als direkte Folgen des Kriegs

Berlin (taz) — Mit jedem Tag werden unter den Rußwolken über der Kriegsregion am Golf neue ökologische Folgen der militärischen Auseinandersetzung sichtbar. So gingen in der südiranischen Provinz Kerman am Samstag morgen schwarze Regengüsse nieder. Und mit jedem Tag denken die Schadensbegrenzer über exotischere Hilfsmaßnahmen nach. Amerikanische und kanadische Löschteams wollen am Wochenende mit ihrer Arbeit am kuwaitischen Burgan-Ölfeld beginnen, aus dem das Emirat vor dem Krieg rund 60 Prozent der Gesamtförderung bezog. Der Welt berühmtester Feuerwehrmann, „Red“ Adair, rechnet damit, daß die vier Teams etwa drei Jahre brauchen werden, bis alle Quellen gelöscht sind. Inzwischen bedecken die Rauch- und Rußwolken eine Fläche so groß wie das vereinigte Deutschland. In Kuwait färbt sich alles grau, die Augen tränen, Erkältungskrankheiten nehmen zu.

Die Zerstörung der Wüstengebiete durch den Golfkrieg wird vermutlich auch zu mehr Sandstürmen im Irak führen, mit erheblichen Rückwirkungen auf die landwirtschaftlich nutzbare Fläche. Das befürchtet der ägyptische Geologe Farouk El-Baz. Die Zerstörung der natürlichen obersten Wüstenschicht sei im Verlauf des Militäraufmarschs auf beiden Seiten aufgebrochen worden und habe den darunterliegenden feinen Sand freigelegt. Der werde sich nun in kurzer Zeit zu gewaltigen Sanddünen auftürmen.

Beobachter des World Conservation Monitoring Center in Cambridge sehen vor allem Gefahren für das Grundwaser der Region. Dabei gehe es nicht nur um die Folgen der Bombardements von Chemiefabriken. Wenn eine Million Soldaten über Monate ihre Abwässer ungeklärt in den Wüstenland entließen, seien die Wasserreservoirs gefährdet. Das Flußwasser sei auch deshalb schwer verseucht, weil in den zerstörten Brücken häufig Wasser- und Abwasserleitungen verlegt gewesen seien. Das Abwasser der großen Städte gelange nun direkt in die Flüsse.

Gegen die Ölpest im Persischen Golf sollen wahrscheinlich Bakterien eingesetzt werden. Auf einer Expertentagung in Manama sagte der Vizepräsident der saudischen Vereinigung für Wasserforschung, Mohammed Alsofi, das Ausmaß der Verseuchung und die Bedrohung der Trinkwasserversorgung lasse kaum eine andere Wahl, als den Golf zum Versuchsgelände für neue Ölbekämpfungsmethoden zu machen. Die Anbieter von bakteriologischen Reinigungsverfahren teilten mit, daß sie über die Art ihrer Bakterienstämme keine Angaben machen, weil es keinen Patentschutz für sie gebe. Sie seien jedoch ungefährlich.

Der ehemalige Feuerwehrchef in Frankfurt, Ernst Achilles, der den Bundesumweltminister auf seiner Spritztour in das Katastrophengebiet begleitet hatte, setzt sich für unkonventionlle Lösungen bei der Bekämpfung der brennenden Ölquellen ein: Jeweils zwei Panzer sollen einen dritten, möglichst zerstörten irakischen Tank über das lodernde Feuer ziehen. Das so gedämpfte Feuer soll dann aus zwei Zwölf-Tonnen-Behältern mit Löschmittel angegangenen werden. Alternativ zu dieser Art der Rüstungskonversion im Dienste der Umwelt schlägt Achilles vor, Beton über den irakischen Panzer zu gießen und die Ölbrände nach der „Methode Tschernobyl“ zu löschen. Ten/gero