6 Prozent: „Ein faires Ergebnis“

■ Sechs Prozent für alle und zusätzliche Strukturverbesserungen für viele/ Auch ostdeutsche Beschäftigte profitieren vom Abschluß/ Nun allseitige Zufriedenheit

Stuttgart/Berlin (ap/taz) — Der Verhandlungsmarathon dauerte diesmal rund 19 Stunden. Am Sonntag morgen gegen vier Uhr präsentierten Wolfgang Schäuble für die öffentliche Hand und Monika Wulf- Mathies für die Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr den diesjährigen Tarifabschluß für den öffentlichen Dienst. Die 2,3 Millionen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes in Westdeuschland erhalten rückwirkend ab 1. Januar 1991 sechs Prozent höhere Löhne und Gehälter. Dieser Abschluß wurde wenig verändert auch für die 420.000 Beschäftigten der Post und ihre 110.000 Kollegen von der Bundesbahn übernommen.

über die linearen Lohnerhöhungen hinaus wird mehr als die Hälfte aller Beschäftigten des öffentlichen Dienstes in den Genuß zusätzlicher Strukturverbesserungen kommen, die ebenfalls rückwirkend erhebliche Einkommensverbesserungen bringen. Die Ausbildungsvergütungen werden um 120 Mark erhöht. Für den Tarifvertrag wurde entsprechend den Forderungen der Gewerkschaft eine Laufzeit von zwölf Monaten verabredet. Der Abschluß gilt auch für die 1,7 Millionen Staatsbeschäftigten in Ostdeutschland, deren Einkommen ab 1. Juli dieses Jahres auf 60 Prozent des West-Tarifs angehoben werden.

Die Gewerkschaft ÖTV und die Postgewerkschaft haben in der letzten Woche noch einmal mit umfangreichen Warnstreikaktionen Druck gemacht. Über das jetzt erzielte Ergebnis äußerten sich beide Parteien zufrieden. Innenminister Schäuble sprach von einem „insgesamt fairen Ergebnis“. Die ÖTV-Chefin Wulf- Mathies räumte ein, das Ergebnis bringe mehr als die zu erwartende Preissteigerungsrate. Die ÖTV habe den schwierigen Aufbauprozeß in den neuen Ländern nicht durch einen Arbeitskampf erschweren wollen. Außerdem sichere das Ergebnis das rasche Inkraftteten der schon einige Wochen zuvor ausgehandelten Strukturverbesserungen.

Rund 1,3 Millionen Beschäftigte kommen in den Genuß der Strukurverbesserungen. Für die 750.000 Arbeiter im öffentlichen Dienst sollen sie bereits rückwirkend ab 1. Oktober 1990 wirksam werden, was zu Nachzahlungen von 1.000 Mark und mehr führt. Insbesondere für die Kranken- und Sozialberufe hatte die ÖTV in der Vergangenheit die Notwendigkeit struktureller Verbesserungen, wie sie nun finanziell geleistet werden, verfochten.

Die Hauptlast des Abschlusses werden die Gemeinden tragen. Der Duisburger Oberstadtdirektor Richard Klein bezifferte die Belastung für die Gemeinden auf eine Gesamtsumme von sechs bis sechseinhalb Milliarden Mark. Schon jetzt ist absehbar, das die kommunalen Versorgungsunternehmen die Kosten des Abschlusses durch Preiserhöhungen an die Verbraucher weitergeben werden. marke