West-Know-how für Ost-Polizei

■ Innenminister Braun will mit Aufträgen an die Wirtschaft des Landes »Beitrag zur Belebung« leisten/ Im TPA sollen 108 Polizeivollzugsbeamte und 200 zivile technische Fachkräfte arbeiten

Magdeburg (taz) — Am vergangenen Freitag wurde in der ehemaligen zentralen Waffenwerkstatt des Innenministeriums in Schönebeck bei Magdeburg das Technische Polizeiamt Sachsen-Anhalts eröffnet, dessen erster Leiter der in Niedersachsen pensionierte 61jährige Polizeidirektor Wöhler ist.

Die Eröffnung des neuen Amtes wurde überschattet vom Rücktritt des ebenfalls aus Niedersachsen stammenden obersten Polizisten des Landes Klaus Schmidt am vergangenen Donnerstag.

Schmidt hatte seinen Job als Inspekteur der Landespolizei erst vor vier Wochen angetreten. Der offiziellen Begründung zufolge kündigte der Beamte, der auf seine Stelle bei der Bezirksregierung in Hannover zurückkehrt, wegen persönlicher Schwierigkeiten.

Der eigentliche Grund dürfte aber in dem angespannten Verhältnis zu Innenminister Braun, der in den Verdacht geraten ist, für das MfS gearbeitet zu haben, und dessen Staatssekretär zu suchen sein. Der Rücktritt sei zwar bedauerlich. Von einem »schweren Verlust« für die Polizei des Landes, so Braun, könne nicht die Rede sein. Schließlich habe Schmidt nur kurze Zeit in Sachsen- Anhalt gearbeitet.

Das Technische Polizeiamt (TPA) ist dem Polizeiamt für Technik und Verkehr im Patenland Niedersachsen (PATVN) nachgebildet, bei dem Wöhler bis zu seiner Pensionierung Abteilungsleiter war. Das PTA ist zuständig für die Entwicklung, Erprobung, Beschaffung und den Einsatz der Polizeitechnik — von der Informations- und Kommunikationstechnik über kriminaltechnische Anlagen bis hin zu Fahrzeugen und Waffen.

Während im Patenland das LKA seine technischen Anschaffungen selbst tätigt und wartet und dem PATVN nur die anderen Bereiche zukommen, soll das Amt in Sachsen- Anhalt auch die Ausstattung des neu zu schaffenden LKA koordinieren. Die größten Schwierigkeiten mit der Technik stellen sich im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnik. Die bisherigen Einrichtungen einschließlich des Fernschreibnetzes sind mit den Netzen in den alten Ländern nicht kompatibel.

Zum Anschluß an das polizeiliche Datennetz der alten Länder bedient sich die Polizei Sachsen-Anhalts bisher ausschließlich einiger zentral stationierter Terminals, die mit dem niedersächsischen Netz verbunden sind.

Bis zum Aufbau eines eigenen LKA zahlt das Land noch für das Gemeinsame Landeskriminalamt der neuen Länder (GLKA), das möglicherweise bereits Ende dieses Jahres aufgelöst wird. Die Bestände des GLKA, das vor allem mit Kriminaltechnik gut ausgestattet sein soll, werden danach vermutlich auf die fünf Länder aufgeteilt. Was Sachsen-Anhalt hieraus erhalten kann, ist aber noch völlig offen. Im TPA sollen auch Schulabgänger in technischen Berufen eine Ausbildung erhalten können. Im TPA sollen zukünftig 108 Polizeivollzugsbeamte und etwa 200 zivile technische Fachkräfte arbeiten. Derzeit ist man personell noch nicht voll ausgestattet. Es fehlen vor allem Ingenieure für die polizeiliche Nachrichtentechnik.

Der Chef des Amtes wünscht sich, daß dieses im Land und »besonders in Kreisen der Wirtschaft« Vertrauen erwerbe.

Das Amt soll, so auch Innenminister Braun, durch die Vergabe von Aufträgen an die Wirtschaft des Landes einen »Beitrag zur wirtschaftlichen Belebung« leisten. Dies wird wohl am wenigsten im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnik der Fall sein. Hier muß nämlich wegen der notwendigen Kompatibilität West-Technik angeschafft werden. Mit einigen Westfirmen ist man schon im Gespräch. Heiner Busch