KoWo Erfurt schnüffelt

■ Selbstauskünfte bedenklich unsozial

Erfurt. Die Kommunale Wohnungsverwaltung Erfurt (KoWo) steht kurz vor der Pleite. Höchste Zeit also, Jagd auf säumige Zahler und Schwarzmieter zu amachen. Höchste Zeit auch, sich gegen solche »Asozialen« (O-Ton einer KoWo-Leiterin) schon im Vorfeld zu wehren: Mit sogenannten Mieter- Selbstauskünften will das kommunale Unternehmen sozial Schwache ausgrenzen. So wird in der Selbstauskunft der Nachweis eines Arbeitsplatzes abverlangt. Aber welcher Arbeitslose — im Sommer wird das jeder zweite sein — kann das schon?

Hochgradig unsozial und datenrechtlich sehr umstritten nennt Christian Ebeling, Rechtsanwalt des Mieterschutzbundes Erfurt, die Mieter-Selbstauskünfte der KoWo, einer 51prozentigen Tochter der Stadt Erfurt. Eine Vielzahl persönlicher Daten werden erfragt, etwa welche und wieviel Haustiere man/frau besitzt oder Anzahl und Alter der Kinder. Da die Selbstauskunft wahrheitsgemäß ausgefüllt werden muß, droht bei falschen Angaben die fristlose Kündigung der Wohnung. Ebeling: »Eine sehr zweifelhafte Methode.«

Kritisch für alle sozial Schwachen ist der Nachweis eines Arbeitsplatzes. Arbeitslose fallen hier durch. »Artikel 3 des Grundgesetzes, die Gleichheit vor dem Gesetz, wird aufs gröblichste verletzt«, bemängelt der Rechtsanwalt.

Doch ist das nicht die einzige Hürde, die der Arbeitslose zu überspringen hat. So verlangt der Vermieter für die Kaution eine selbstschuldnerische Bankbürgschaft einer Bank, die für die Kaution des Bürgers bürgen soll. »Normalerweise ist das nicht üblich, im Westen wird die Kaution auf ein Sparkonto angelegt«, teilt die Commerzbank Erfurt auf Anfrage mit.

Während der Mieter bei der Sparkontovariante die Zinsen erhält, muß er bei einer Bankbürgschaft sogar noch drauf zahlen: Mindestens zwei Prozent im Jahr. Doch nicht jeder bekommt die Bürgschaft. Die Dresdner Bank Erfurt: »Wenn jemand arbeitslos ist, wird es natürlich schwierig.«

Inzwischen liegen dem Mieterschutzverband Erfurt mehrere konkrete Fälle vor. Der Geschäftsführer der KoWo, Rudolf Pozimski, will davon nichts wissen. Eigentlich seien solche Selbstauskünfte bei dem kommunalen Unternehmen unüblich. »Wir verlangen das nur dort, wo uns private Vermieter, deren Häuser wir verwalten, dazu anweisen.« Wie dem auch sei, die KoWo verlangte von einem Potsdamer eine Selbstauskunft, der seine Wohnung mit einem Erfurter tauschen wollte. Der Potsdamer sollte sogar den Versetzungsbescheid seines Arbeitgebers beifügen. In einem anderen Fall mußte ein Untermieter, der die Wohnung ganz übernehmen wollte, ebenfalls unterschreiben. Auch für die Treuhand holt das Wohnungsunternehmen schon mal Selbstauskünfte ein. René Radix