Mehr Straftaten durch mehr Polizei

■ Starker Kriminalitätsanstieg bei Vergewaltigungen und Drogendelikten

Das Leben in Bremen ist im Jahr 1990 gegenüber dem Vorjahr geringfügig sicherer geworden. „Darin ist allerdings kein Trend zu sehen“, sagte Innensenator Peter Sakuth gestern auf der Senatspressekonferenz zur Vorstellung der neuesten Kriminalitätsstatistik. Die Wahrscheinlichkeit, letztes Jahr in Bremen ermordet worden zu sein, sank um 10 Prozent. Auch kam es weniger häufig vor, als SpaziergängerIn in einen illegal in die Landschaft gepefferten Altölkanister zu tapsen. Dagegen wurde es wesentlich gefährlicher, mit einer Umhängetasche über der Schulter ins Cafe zu schlendern: 274 Handtaschen wurden 1990 in Bremen geraubt. 1989 waren es noch 206. Drastisch war die Zunahme der Verwaltigungen mit 20 Prozent und der Drogendelikte mit 67 Prozent.

Insgesamt kam die Bevölkerung des Landes Bremen letztes Jahr 94.130 Mal mit den Gesetzen in Konflikt. Das hört sich grausam an, doch waren davon nach Angaben der Polizei nur knapp sechs Prozent der Gewaltkriminalität und der Drogenszene zuzurechnen. Über zwei Drittel waren Diebstähle, darunter viele Delikte, „an denen die Öffentlichkeit immer sehr interessiert ist“, so Innensenator Sakuth, nämlich die Diebstähle von und aus Autos. Beim „Fahrradklau“ blieb der Polizei nicht verborgen, daß manche RadbesitzerInnen ihren teuren Drahtesel nur bei der Versicherung als gestohlen melden, um die Prämie zu kassieren, die Teile des Fahrrads dann aber verkaufen oder das gute Stück bei Seite schaffen.

In einigen Bereichen konnten die insgesamt 2.716 Bremer PolizistInnen wenig ausrichten. 1990 wurden 155 außereheliche Vergewaltigungen angezeigt. Zusätzlich wurden 60 Fälle von sexueller Nötigung registriert. Für diesen Anstieg nannte Sakuth zwei Gründe: Vergewaltigungen nahmen real zu, doch auch mehr Frauen erstatteten Anzeige.

Trotz der Aufstockung des Polizeiapparates kam es zu über 3.000 Straftaten im Zusammenhang mit Drogen. Die Zahl der Erstkonsumenten von Heroin stieg an. Ein immer größerer Teil der Diebstähle ist der Beschaffungskriminalität zuzurechnen: Daß in der Stadt Bremen 78.8 Prozent mehr Handtaschen geklaut wurden, stehe in engem Zusammenhang zur Drogenproblematik, so der Innensenator. „Die Rauschgift-Kriminalität muß man mit einer Krake vergleichen, uns gelingen häufig nur Schläge gegen die nachwachsenden Tentakeln“, sagte Sakuth vor der Presse. Aber Panik wollte der Senator nicht aufkommen lassen: Der rasante Anstieg sei auch dadurch zu erklären, daß seine PolizistInnen der Drogenszene genauer auf Finger guckten. Mehr PolizistInnen würden mehr Straftaten registrieren, und damit steige eben die Statistik, so Peter Sakuth. och