Standbild: Bemühte Inszenierung

■ "Von Gewalt keine Rede", Mo., ZDF

Die Schläge kommen in Zeitlupe. Rechts, links, rechts. Das fassungslose Gesicht der Frau, ihre ungläubigen Augen. Die Einstellung löst sich auf in milchiges Weiß. Dann: Das Opfer liegt mit verdrehten Beinen am Boden, der Täter, die Hosen noch halb runtergelassen, schnauzt sie an. „Glotz nicht so!“ Sie steht auf, langsam, zieht sie die Jacke über die zerfetzte Bluse. Ein Bein ihrer Strumpfhose baumelt ihr unter dem Rock hervor, es sieht komisch und grausig zugleich aus.

Der Fernsehfilm von Theodor Kotullas nach dem Drehbuch der Schriftstellerin Leonie Ossowski hat beides. Dichte Szenen, die zeigen, was mit einer Frau bei einer Vergewaltigung an Verletzung an Leib und Seele passiert. Und Dialoge, die hölzern und bemüht daherkommen, damit auch ja jede und jeder die Zusammenhänge begreift. Eine konventionelle Kameraführung, die als Stilmittel nur die Zeitlupe kennt, und eine ebenso konventionelle Musik. Pianogeplänkel für den Alltag, schrille, zerfetzte Töne, wenn es „dramatisch“ wird.

Das Bemühte verhindert letztendlich, das der Film unter die Haut geht. Das ist schade, denn Von Gewalt keine Rede könnte über Vergewaltigung aufklären, ohne Klischees zu reproduzieren. Eckhart Fuhrgeber (Peter Sattmann), ist erfolgreicher Architekt mit Potenzproblemen. Sein Opfer, Nele Steinbecker (Katja Riemann), hat sich auf seine Anzeige als Schreibkraft gemeldet. Zuhause hat Nele einen beruflich erfolgreichen Ehemann, den Pascha im Softi-Look (Heiner Lauterbach). Das Szenario ist realistisch, doch die Figuren überzeichnet. Nele ist allzu unsicher, Fuhrgeber allzu zwanghaft. Ununterbrochen rückt er sich die Krawatte zurecht, und die Kamera zeigt es uns immer und immer wieder, bis alle wissen, aha, ein Psychopath.

Stärken gewinnt der Film im zweiten Teil; wenn jede Szene eindringlicher entwickelt, wie Nele alleingelassen wird. Die Freundin hat nur ein paar aufmunternde Sprüche parat, deren Ehemann gibt Chauvi- Weisheiten zum Besten. Neles Mann rastet aus, weil seine Frau nicht mehr ist wie sie vorher war. Seine immer fröhliche Kindfrau ist nun verstört und störrisch zugleich. Schließlich redet er ihr sogar die Anzeige bei der Poizei aus, weil er Angst vor dem „Maulzerreißen“ seiner Richterkollegen hat. Am Ende erscheint der selbstgerechte Ehemann fast so ekelhaft wie der Vergewaltiger selbst. Helga Lukoschat