Papierschwärzung-betr.: taz-special "Cebit 91", taz vom 9.3.91

Betr.: taz-Special „Cebit '91“, taz vom 9.3.91

Das Eure Inhaltsverzeichnisse gelegentlich nicht mit dem Blattinhalt übereinstimmen, ist nichts Neues und auch nicht von Bedeutung. Das „Special“ selber, abgesehen vom gewohnt starkem Layout und der gelungenen Bildauswahl, war in meinen Augen jedoch reine Papierschwärzung. Bei einem Special zur, zumindest europäisch, wenn nicht weltweit, bedeutendsten Computer- Show erwarte ich handfeste Informationen zur rasanten technischen Entwicklung, und Meinungen zu deren Auswirkungen auf Gesellschaft und Ökonomie.

Stattdessen finde ich ein beliebiges Sammelsurium von Themen, die entweder in jeder PC-Zeitschrift in den vergangenen 3 Jahren mindestens zweimal Ihren Niederschlag gefunden haben („Der Kauf der Kiste“, Bartmaschine rasselt im Untergeschoß), die ebenso in der Rubrik „Anekdoten aus aller Welt“ abgehandelt werden könnten („Der 4-Bit- Gottesdienst“, Grüß Gott, Herr Pfarrer! trendy?), die Im BILD-Stil die Gefahr aus dem Osten beschwören („Viren ante portas“) oder die Herrn LIeskes Privatleben offensichtlich stark berühren, aber doch vor Augen führen, daß ein fantastischer Sportjournalist eben ein fantastischer Sportjournalist ist. Allein die Weizenbaum-Story und „Bißfeste Software“ haben taz-Niveau, gehörten jedoch nicht in dieses Special, sondern zur Golf-Berichterstattung (und dann umfangreicher) bzw. auf eine Pädagogik-Seite.

Wenn Ihr meint, die Cebit mit einer PC-Kaufbericht-(Halb)Satire, einer Entfürhung in das Wunderland der Spiele und mit Virus-Apokalypsen einläuten zu müssen, stellt sich mir die Frage, an wen sich das richten sollte. Dem unbedarften Laien wird kein Einblick in die DV-Szene geboten, dem Hobby-Anwender nichts Neues erzählt, dem fortgeschrittenen User werden keine Hintergründe vermittelt. Was ist mit PC- Vernetzung, grafischen Benutzeroberflächen (Windows), Unix, OCR-Verfahren, CD-ROMs und WORMs, lebt oder stirbt CIM? Wie entwickelt sich das Verhältnis Japan- USA-Europa? was ist mit dem Konzentrationsprozeß auf Seiten der Hardware- und Softwareproduzenten?

Wenn ich mir Eure DV-Stellenanzeigen betrachte, habt Ihr genügend Know How, solche Fragen zumindst anzureißen und dem Leser echte Informationen zu bieten. In der vorliegenden Form wirkt das Special für mich jedoch mehr wie Anzeigenköder. Andreas Hertsch, Karben