Zwei Schritt nach vorn und einer zurück

■ Das Bundeskabinett hat gestern zum 1. August Miet- erhöhungen um 2,60 bis 3,60 Mark für die neuen Län- der beschlossen. Vom Tisch ist die Instandsetzungs- umlage, die die Mieten dramatisch erhöht...

Zwei Schritt nach vorn und einer zurück Das Bundeskabinett hat gestern zum 1. August Miet- erhöhungen um 2,60 bis 3,60 Mark für die neuen Län- der beschlossen. Vom Tisch ist die Instandsetzungs- umlage, die die Mieten dramatisch erhöht hätte.

Die Mieten in den fünf neuen Bundesländern sollen zum 1. August um durchschnittlich 2,60 bis 3,60 Mark pro Quadratmeter erhöht werden können. Darauf verständigte sich nach Angaben von Bundesbauministerin Irmgard Adam-Schwaetzer (FDP) am Dienstag das Bundeskabinett in Bonn. Gleichzeitig soll das Wohngeld in den neuen Ländern angehoben werden. Nach Angaben des Bauministeriums ergeben sich damit für einen alleinstehenden Rentner mit einem Einkommen von 600 Mark, der in einer 40-Quadratmeter-Neubauwohnung lebt, Mehrkosten von neun Mark pro Monat (Wohnkosten inklusive Wohngeld: 69 DM). Eine vierköpfige Familie mit zwei Erwerbstätigen in einer 70-Quadratmeter-Altbauwohnung muß künftig 215 statt 70 Mark zahlen. Der Bundesrat muß den Verordnungen noch zustimmen.

Ministerin Adam-Schwaetzer bezeichnete die Beschlüsse als wohnungspolitisch notwendig und sozial verträglich. Sie seien unverzichtbar, wenn man eine Verbesserung der Wohnverhältnisse in den neuen Ländern wolle. Mit den Beschlüssen werde der Wohnungswirtschaft ebenso wie den privaten Vermietern eine verläßliche Perspektive gegeben. Gleichzeitig werde kein Mieter überfordert. Nach einer ersten Grundmietenverordnung sollen Vermieter die heute noch auf dem Stand des Jahres 1936 eingefrorenen Grundmieten im Schnitt um eine Mark pro Quadratmeter erhöhen können. Grundlage hierfür sei der Anstieg der Beschäftigteneinkommen um durchschnittlich 200 Mark monatlich, hieß es von seiten des Bauministeriums.

Unterschiede in Ausstattung und Wohnwert sollen durch Zu- und Abschläge ausgeglichen werden. Gleichzeitig kann der Vermieter vom 1. August an unter anderem monatliche Vorauszahlungen für Heiz- und Warmwasserkosten verlangen, die jährlich abzurechnen sind. Die Belastung aus den umlagefähigen Kosten wird jedoch auf höchstens zwei Mark pro Quadratmeter begrenzt.

Damit ergeben sich dem Ministerium zufolge in Altbauten Erhöhungen von durchschnittlich 2,60 Mark und in Neubauten um 3,60 Mark. Gleichzeitig wird das Wohngeldverfahren vereinfacht. Beispielsweise erhält ein Einpersonenhaushalt mit einem Einkommen zwischen 1.000 und 1.200 Mark und Wohnkosten zwischen 240 und 320 Mark künftig Wohngeld in Höhe von 65 Mark. Ein Vierpersonenhaushalt mit einem Einkommen zwischen 2.400 und 2.600 Mark und Wohnkosten zwischen 400 und 480 Mark kommt auf 110 Mark Wohngeld.

Der Verband der Berliner Haus- und Grundstücksbesitzervereine hat die vom Bundeskabinett beschlossene Mieterhöhung in Ostdeutschland als zu niedrig kritisiert und Klage beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe angekündigt. Der Sprecher des Verbands, Dieter Blümmel, sagte am Dienstag, daß nach der Entscheidung die „privaten Hauseigentümer unter Honecker besser standen als im Rechtsstaat Bundesrepublik“. Die Mieten seien auch nach der von Bonn beschlossenen Erhöhung nicht kostendeckend, sagte Blümmel. Als kurzsichtig bezeichnete der Verbandssprecher die Entscheidung des Kabinetts, auf die Mieten in den neuen Bundesländern und Ost-Berlin keine Instandsetzungspauschale aufzuschlagen. Dies würde die Eigentümer nicht zu den „dringend erforderlichen Investitionen veranlassen“. dpa/taz