■ Front 242

...wie immer sie es innerhalb von sieben Jahren fertiggebracht haben, eine Fabrikhallen füllende Fangemeinde zu mobilisieren — ihre Musik wird es nicht gewesen sein. Maschinen rumpeln und pumpeln, der Sänger brüllt, als breche er sich die letzten Zacken aus den Jacket-Kronen, und den Soundschwall besorgen wagnerianisch geladene »Walküren«-Chips im Keyboard. Daß tatsächlich weit mehr als nur interessierte Privathacker und Halbtaube zu den Konzerten pilgern, mag am Ambiente liegen, das die Band um sich verbreiten läßt: »Front 242 vermitteln Elemente einer Gegenwart, die für Europäer vor allem aufgrund ihrer Präsenz in den Medien existiert«, so steht das im Infopaper.

Drei Herren hoch wachen sie über alltägliche Bilderfluten, schnipseln und montieren Ton und Bild neu zusammen und knallen saftige Beats darunter, die, allgemeinschlauerweise EBM = Electronic Body Music genannt, für Körper und Geist gleichwohl wichtig sein mögen. 1988 haben sie damit die schwarzkitteligen Teenies in Scharen aus der Deutschlandhalle getrieben, die nur ganz harmlos mal einen Abend mit Depeche Mode durchleiden wollten.

Mittlerweile stehen jedoch selbst Front 242 bei schulpflichtigen Vergnügungssüchtigen hoch im Kurs und machen den Herzen hart dampf. Was soll's, denn »letztendlich bringen sie Menschen zum Tanzen; darin ist nichts Schlechtes, und noch weniger in der Art wie Front dies tun: Ihre Herausforderung zielt ebenso auf den Geist wie auf den Körper. Front gehört zu Europa wie die Tragödie zum Individuum.«

Für alle, die sich einen Zarathustra als Hausmeister der EG wünschen, spielen Front 242 heute schon einmal die dazugehörige Krönungsmelodie: um 20 Uhr im Metropol. Harald Fricke (Foto: A. Verbaert)