...und glückliche Fahrt

■ Heute hat „Der Sturm“ Premiere bei der Bremer Shakespeare Company

Der Sturm, das Drama, mit dem Shakespeare seine Laufbahn als Bühendichter abschloß, ist von Rainer Iwersen neu übersetzt und inszeniert worden. Heute ist Premiere. Ute Steineke von der Shakespeare Company beantwortete der taz einige Fragen.

taz : Man nennt den „Sturm“ ein Märchendrama. Warum?

Ute Steineke: In dem Stück kommen verschiedene Utopien vor: der paradiesische Zustand, der herrschaftslose Staat ohne Arbeit, ohne Schrift, ohne Grenzen, ohne Verbrechen, ohne Verrat. Und die Hauptfigur, Prospero, will immerhin den ewigen Frieden schaffen.

Klingt paradiesisch.

Nein, es gibt gleich drei Mal Machtkampf, Verrat und geplanten Mord. Alle wichtigen Personen treffen auf einer Insel aufeinander, in einer Art laborsituation. Und verschiedene Personen haben verschiedene Utopien: Glaube an Vernunft, Freiheit, Gleichheit, ewige Liebe.

Ihr nehmt die Utopien ernst?

Weil Shakespeare sie ernst nimmt. Wir brauchen sie für die Zuschauer nicht in Frage zu stellen, das Stück selbst stellt sie in Frage. Wir wollen den Zuschauer dieses Sehnen spüren lassen. Im Kopf kommt ja sowieso wieder hoch: Das geht nicht. Die Schaupieler versuchen schon, die Zuschauer von den Utopien zu überzeugen. Und die Zuschauer können die Utopien wenigstens einen Moment lang fühlen und dann ihre eigene Haltung dazu finden. Es wäre heute viel leichter, von vornherein zynisch damit umzugehen.

Gibt es eine Moral?

Viele! Einer unserer Schwerpunkte ist beispielsweise die Renaissance-Philosophie: der Glaube ans Schicksal: Alles habe sich so gefügt.

Furchtbar!

Nein, wir ergreifen da schon Partei. Aber die Shakespeare-Company macht keine Stücke, die Antworten geben. Wir wollen Fragen aufwerfen, verwirren. Vielleicht macht das ja gerade den Menschen zum Menschen, daß er wenigstens immer wieder versucht, Utopien zu entwickeln.

Warum „Sturm“?

Sturm, Meer, Wahnsinn, Chaos, Unsicherheit, aufgewühlter Geist — und am Ende die Meeresstille und glückliche Fahrt, die Wogen haben sich geglättet, Erlösung. Der „Sturm“ ist ein Erlösungsdrama. Fragen: Beate Ramm