Der glückliche Otto

■ Kaiserslautern und Köln trennen sich 2:2 und machen im Frühling Bremen zum Herbstmeister

Der Sieger vom Kaiserslauterner Betzenberg hieß Otto Rehhagel: Denn obwohl die Bremer im November 1990 mit 0:1 beim 1. FCK unterlagen, wurden sie am 19. März 91 verspätet Herbstmeister. Denn der 1. FC Köln droht in dieser Saison zum Beinsteller der Pfälzer zu werden.

Schon jetzt muß es den FCK frösteln vor der Aussicht, am letzten Spieltag in Müngersdorf antreten zu müssen. 3.11.90 — zweite Runde DFB-Pokal: Köln gewinnt mit 2:1 in Kaiserslautern, begleitet von Horrorszenarien, ausgemalt von Erich Rutemöller „Auf dem Betzenberg erwartet uns die Hölle, ich fürchte um das Leben von Bodo Illgner.“ Nun denn, der Keeper überlebte, und Rutemöller zog seine maßlosen Übertreibungen bedauernd zurück.

Am 15. Dezember wollten es die Lauterer besser machen. Doch am Morgen fing es an zu schneien, und aus Rücksicht auf die von weither anreisenden ZuschauerInnen fiel das Spiel aus. Fortsetzung folgte. 16. Februar — Schnee. 19. Februar — dito. 12. März — Termin wurde verworfen. Und vorgestern abend goß es dann aus Kübeln auf den hohen Berg. Doch ein Novum: Es wurde endlich gespielt — FCK gegen FCK zum Fünften. „Die Herbstmeisterschaft interessiert mich überhaupt nicht mehr“, tönte Kalli Feldkamp exakt zwei Tage vor Frühlingsanfang.

Doch den hatte sich der Lauterer Trainer anders vorgestellt. Die Abwehr des FCK war in Gedanken wohl schon mit Laudrup und Wohlfarth befaßt, da hatte das von Udo Lattek zum Kölner B-Team erkorene Resthäuflein Kölner Kicker bereits Grund zum Jubel. Horst Heldt erwischte einen von Kadlec zu kurz abgewehrten Ball und zirkelte ihn in Thomas Häßler-Manier ins Netz. Nur zwanzig Minuten später tat es ihm Ralf Sturm gleich. Britz verlängerte nach einer Ecke, Sturm hielt seinen Kopf dran — 0:2.

An Kopf mangelte es den Lauterern, sie rannten unaufhörlich gen Illgners Tor, brachten aber nichts zustande. Woran mag diese Zerfahrenheit gelegen haben? Nun, in Kaiserlautern herrschte eigentlich Ruhe nach dem Pokalsieg und dem bisherigen Saisonverlauf. Bis Reiner Geye und Kalli Feldkamp den Namen Marcel Witeczek ins Gespräch brachten und dadurch ein Liebling der Westkurve, Bruno Labbadia, ins Abseits geriet. Ein Ein-Jahresvertrag ist dem Cup- Winner von Berlin eindeutig zu wenig.

Undank ist der Welten Lohn, muß Bruno gedacht haben und sucht jetzt einen neuen Verein. Gegen Köln blieb auch er blaß, und Rainer Ernst, vom BFC Dynamo als Mittelfeldregisseur gekommen, mußte schon zur Pause unter die Dusche. Doch welch goldiges Händchen Kalli Feldkamp besitzt, führte er den aufgebrachten Zuschauern mit seinen Einwechslungen gleich in Doublette vor.

Unzufrieden waren die 36.000 aber nicht nur mit der Leistung der Lauterer, auch die des Schiedsrichters Striegel provozierte zu Schmähungen aus Richtung Südtribüne. Als man sich schon damit abzufinden begann, daß eben irgendwann einmal eine Heimniederlage fällig ist (schon der HSV und Dortmund hätten hier gewinnen können), köpfte Bernhard Winkler, rechtzeitig zu Saisonbeginn aus Schweinfurt geflohen, das 1:2. Der anschließende Lärmpegel war dann sozusagen die Self-full-filling-prophecy des Erich Rutemöller. Die Hölle, die er im vergangenen November beschworen hatte. Und mittendrin elf „Rote Teufel" auf kompromißloser Ausgleichsjagd und elf brave, in weiß gekleidete Kölner, die ihren Vorsprung retten wollten. Vergebens, denn dem eingewechselten Marco Haber gelang noch zehn Minuten vor Spielende das ausgleichende 2:2. Zum Schluß durften alle zufrieden sein; die Kölner über ihren Auswärtspluspunkt im Abstiegskampf und die Lauterer, weil sie zumindest nicht verloren haben.

So bleibt ihnen übermorgen die Chance, den FC Bayern mit einem Sieg an der Tabellenspitze abzulösen. Aber nur dann, wenn Otto Rehhagel mitmacht. Denn der könnte auch am Samstagabend wieder der glückliche Dritte sein, wenn Werder die Frankfurter Eintracht in die Tabellenmitte degradiert. Günter Rohrbacher-List