Regierungschefin ernannt

Bei den Wahlen in Bangladesch hatte die Partei der Begum Khaleda Zia die Mehrheit erzielt  ■ Von Bernard Imhasly

Begum Khaleda Zia, die Gewinnerin der ersten demokratischen Wahlen in Bangladesch seit 16 Jahren, ist seit Dienstag Ministerpräsidentin des Landes. Gleichzeitig berief Präsident Shahabuddin Ahmed ein Kabinett mit 32 Ministern, die ebenfalls alle der „Bangladesh Nationalist Party“ (BNP) angehören, die bei den Parlamentswahlen vom 27.Februar die größte Zahl von Sitzen errang.

Drei Wochen hatte es gedauert, bis sich Ahmed entschließen konnte, die Wahlsiegerin mit der Regierungsverantwortung zu betrauen. Ein Grund für sein Zögern lag im Umstand, daß die BNP zwar die meisten Sitze gewonnen hatte, mit 139 Mandaten jedoch keine Mehrheit im Parlament erringen konnte. Mit der versprochenen Unterstützung durch die Jamaat-i-Islam Partei (18 Sitze) war diese allerdings bereits kurz nach dem Wahlgang gesichert. Die Awami Liga jedoch, die als Favoritin in den Wahlkampf gezogen war, dann aber nur 84 Sitze gewann, hatte sich als schlechte Verliererin gezeigt. Sie drohte dem Präsidenten mit Straßenprotesten, sollte er Frau Khaleda zur Ministerpräsidentin berufen und die Macht nicht sofort dem gewählten Parlament übergeben. Ahmed, Oberster Richter des Landes, berief sich aber auf die Verfassung, die den Präsidenten verpflichtet, den Premierminister aus der stärksten Parlamentsfraktion auszuwählen. Seine Geduld machte sich bezahlt, denn der ungewisse Zustand der letzten Wochen bewirkte einen zunehmenden öffentlichen Mißmut gegen die Einschüchterungstaktik der Awami Liga. Sie erlaubte es dem Präsidenten nun, die lange erwartete Berufung von Frau Khaleda Zia zu vollziehen, ohne daß die Awami Liga zu Protesten aufrief.

Der eigentliche Test für die neue demokratische Ordnung steht allerdings noch bevor. Laut geltender Verfassung kann das Präsidialsystem Bangladeschs nur durch ein Referendum geändert werden. Zwar treten alle Parteien dafür ein, die Rolle des Parlaments zu stärken, um die unkontrollierte Machtausübung durch den Präsidenten — wie zuletzt im Fall Ershads — einzugrenzen. Wie weit die Kontrolle durch das Parlament gehen soll, darum streiten jedoch die beiden größten Parteien. Die Awami Liga drängt auf Einführung eines souveränen Parlamentes, die BNP dagegen möchte sich mit kleinen Korrekturen zufriedengeben. Da die BNP bald einmal die alleinige Parlamentsmehrheit erreichen dürfte — durch Nachwahlen und die Besetzung von dreißig Frauensitzen —, wird die entscheidende Macht wohl beim Präsidenten bleiben. Dies könnte die anstehenden Präsidentenwahlen zu einem neuen Aufeinandertreffen der beiden auch persönlich verfeindeten Rivalinnen Sheikh Hasina und Begum Khaleda machen — einem Zweikampf, der wegen der ungleichen Wahlchancen diesmal weniger friedlich ablaufen könnte. Dies wiederum würde Ex- Präsident Ershad zugute kommen, dessen Jatiya Partei in den Wahlen mit 35 Mandaten gut abgeschnitten hat und dessen Ambition es ist, wieder Präsident zu werden. Ob er dazu überhaupt zugelassen wird, ist jedoch fraglich. Gestern begann vor einem Sondergericht in Dakka der erste Prozeß gegen ihn. Falls er der zahlreichen Anklagen, darunter wegen „illegalen Waffenbesitzes“, Korruption und Amtsmißbrauch, tatsächlich überführt werden kann, wird ihn weder das kürzlich errungene Parlamentsmandat noch eine Präsidentschaftskandidatur vor einer langen Haftstrafe retten.