INTERVIEW: Bordell-GmBH: Löhne wie im richtigen Leben
■ „Hydra“ will Prostituierte aus der Illegalität lotsen und den Unsinn der bestehenden Gesetze beweisen
Das Berliner Selbsthilfe-Projekt für Prostituierte „Hydra“ plant in Berlin die Gründung der ersten deutschen Bordell-GmbH. Zur Finanzierung des ungewöhnlichen Projekts sollen Prominente gewonnen werden, die durch Einlagen von 100 oder 500 Mark das Stammkapital in Höhe von 50.000 Mark zusammenbringen, die für die Eintragung der GmbH erfoderlich sind. Im folgenden ein Interview mit der „Hydra“ Mitarbeiterin Maja Czajka.
taz: Warum macht ihr euch zum Vorreiter einer Bordell-GmbH?
Maja Czajka: Frauen die anschaffen gehen, werden kriminalisiert. Sie können keine legalen Arbeitsverhältnisse eingehen weil es nach dem Gesetz nicht möglich ist, müssen hohe Abgaben zahlen und können nicht ausschließlich in ihre eigene Tasche wirtschaften. Außerdem werden sie rechtlich diskriminiert, weil sie nicht Mitglied einer Krankenkasse werden können. Das ist uns verständlicherweise ein Dorn im Auge. Deswegen möchten wir ein Bordell eröffnen, in dem es legale Arbeitsverhältnisse geben kann, wo die Frauen angemeldet sind, Beiträge zur Sozialversicherung zahlen und Anspruch auf eine Umschulung haben, wenn sie aussteigen wollen.
Ist denn die GmbH auch schon angemeldet worden?
Soweit sind wir noch nicht. Wir müssen zunächst erst mal das Startkapital zusammen bekommen. Danach werden wir die nächsten Schritte überlegen.
Welche Prominenten habt ihr angesprochen und wieviel Geld ist schon da?
Dazu kann und will ich mich im Moment noch nicht äußern. Aber es melden sich immer mehr Leute, die Interesse daran haben.
Wenn ihr ganz offen ein Bordell betreibt macht ihr euch der Zuhälterei strafbar. Wie wollt ihr diese Klippe umschiffen?
Diese Klippe wollen wir gar nicht umschiffen. Uns geht es darum an einem Beispiel zu zeigen, daß diese Gesetze Unsinn sind.
Und wer hält seinen Kopf dafür hin?
In der Regel ist das bei einer GmbH der Geschäftsführer, der eins übergebraten bekommt. Wer das sein wird wissen wir noch nicht.
Gibt es schon ein Gebäude oder ein Grundstück für das Bordell?
Es gibt verschiedene Ideen zur Verwirklichung dieses Konzepts. Eins davon ist eine wunderschöne alte Villa zu finden. Dann gibt es das Konzept einer Zimmervermietung, wo die Frauen völlig autonom arbeiten. Eine andere Überlegung ist, das Ganze mit einer Kleinkunstbühne, Kabarett und einer Bar zu kombinieren.
Dürfen in dem Bordell auch drogenabhängige Prostituierte arbeiten?
Ich kann mir nicht vorstellen, daß bestimmte Leute ausgenommen werden. Was die Angestellten in ihrer Freizeit tun — zum Bespiel Haschisch rauchen — sollte einen nichts angehen.
Und wenn sie sich Heroin spritzen?
Auch wenn sie an der Nadel hängen geht einen das einen nichts an. Wichtig ist, daß sie bestimmte Vereinbarungen einhalten, die mit ihnen getroffen werden. Dazu gehören zum Bespiel Dinge, die nach dem Gesetz als dirigistische Zuhälterei bezeichnet werden, wie Safer Sex, pünktlich zur Arbeit kommen, Absprachen einhalten.
Was für einen Lohn sollen die Prostitierten bekommen?
Das ist abhängig von der Art und Weise, wie die Frauen arbeiten. Diejenigen, die abhängig beschäftigt sein wollen, würden einen Lohn bekommen. Die selbstständigen würden eine Zimmermiete bezahlen. Dann gibt es Studentinnen, die aushilfsweise arbeiten. Sie fallen unter die 470 Marksgrenze, zahlen gar keine Steuern und kriegen ein Aushilfsgehalt. Das ist wie im wirklichen Leben ganz unterschiedlich.
Ihr habt gegenüber der Presse erklärt, daß bereits über 100 Frauen Interesse angemeldet haben. Mit einem einzigen Bordell ist es da nicht getan.
Wir wollen ja auch Signale setzen, Exempel statuieren und dazu auffordern nachzuahmen.
Werden in dem Bordell auch männliche Prostituierte tätig sein?
Das wird das Angebot und die Nachfrage entscheiden. Es steht aber fest, daß der Bedarf nach männlichen Prostitierten im Kommen ist. Das liegt vielleicht daran, daß Frauen ihre Sexualität inzwischen anders definieren und sich auch mal was gönnen. Interview: Plutonia Plarre.
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