: Der ECU — stabil wie der Meter
■ Wie für die deutsch-deutsche im Vorjahr prophezeit der Banker Pöhl auch im Falle einer übereilten europäischen Währungsunion ein absehbares Desaster
Die jubelnden Pressekommentare und Expertenäußerungen über die schnelle Währungsunion mit der DDR, sie können alsbald wieder abgedruckt werden — als Satire. Der allseits begrüßte politische Sieg Kohls durch die schnelle Mark erweist sich, nicht erst seit der jüngsten Demonstration in Leipzig, als ökonomisches Desaster. Ein ebensolches hat Bundesbankpräsident Pöhl jetzt auch für eine übereilte europäische Währungsunion vorausgesagt — mit demselben Argument, mit dem er auch schon vor der deutsch-deutschen warnte: „Ohne ein gewisses Maß an Konvergenz ist die Wirtschafts- und Währungsunion nicht möglich.“ Von Europa-Enthusiasten mag dies ebenso als „Bremsmanöver“ empfunden werden wie seinerzeit von den Deutschland-Fans — ökonomisch betrachtet hat Pöhl heute so recht wie vorher. Erstes und wichtigstes Instrument zur Schaffung einer stabilen Euro-Währung ist die Übertragung nationaler Geld- und Währungspolitik an eine europäische Zentralbank; die Schaffung einer solchen unabhängigen Notenbank, so Pöhl, sei nach den EG-Beschlüssen für 1994 aber nicht vorgesehen.
Daß diese Äußerung solche Aufregung verursacht, ist verwunderlich — aufregend wäre sie erst, wenn der oberste D-Mark-Hüter hinzugefügt hätte, daß sie auch keinen Sinn macht, wenn sie „nur“ mit den Kompetenzen der nationalen Notenbanken ausgestatten wird. Denn auch die können, wie an der Inflation weltweit zu sehen, keineswegs für stabile Währungen bürgen. Das Geld, die D-Mark etwa, wird nicht von der staatlichen Bundesbank „gemacht“, sondern von den privaten Banken — über 80 Prozent allen Geldes sind Kredite, ein Volumen, das die Bundesbank nur indirekt beeinflussen, aber keineswegs bestimmen kann. Wenn die Bank einen Kredit gibt, stellt sie damit Geld her, und wenn sie „faule“ Kredite gibt, macht sie das Geld schlecht; die Qualität des Geldes hängt nicht von einer neutralen Währungsbehörde ab, sondern vom Kreditgeschäft der Banken. Eine europäische Zentralbank, die nur die Rahmenbedingungen einer weiterhin privaten, d. h. Markt- und Geschäftsinteressen unterworfenen Geldschöpfung gestaltet, wäre nichts als die Fortsetzung der Instabilität auf europäischer Ebene. Ein ECU so stabil wie ein Meter — und nicht weniger sollte von einem Zahlungsmittel der Zukunft zu erwarten sein — ist nur von einer europäischen Währungsbehörde zu erwarten, die souverän über das Geldvolumen entscheidet. Wird sie darauf reduziert, ein paar Aluchips zu drucken, ist sie nichts weiter als ein Vehikel, die nationale Macht der Banken zur Euro-Macht aufzurüsten. Mc Cash Flow
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