Ein Modell für die Stadt Rostock im Jahr 2000

■ Studie untersucht Entwicklungsmöglichkeiten für Gewerbe, Handel und Wohnen in der Hansestadt an der Ostsee

In Rostock soll's bald kräftig brummen. So wollen es Bürgerschaft und Senat der Ostsee-Stadt und haben beim Bremer Polis-Institut für Mensch und Umweltbeziehung an der Hochschule Bremen und beim Hamburger Gewos-Institut für Stadt-, Regional- und Wohnforschung „Leitlinien für die Stadtentwicklung der Hansestadt Rostock“ in Auftrag gegeben, die jetzt vorliegen.

Schwerpunkt der Untersuchung: Was muß in Rostock passieren, damit sich die Stadt ökonomisch gut entwickeln kann? Drei Felder haben die Gutachter dazu untersucht: Den Wohnungsbau, die Gewerbeflächenausweitung und die Entwicklung des Einzelhandels.

Überraschendes Resultat: Die Baubetriebe der Stadt Rostock haben eine ausreichend große Kapazität, um die anstehenden Sanierungen und Neubauten selbst auszuführen. Der akuten Wohnungsnot in Rostock ist nach Ansicht der Gutachter nur durch umfangreiche Sofortmaßnahmen Herr zu werden: 900 Wohnungen müssen umgehend neugebaut, 2.000 instand gesetzt werden. Dies sind jedoch nur Tropfen auf dem heißen Stein: Bis zum Jahr 2000 müssen — je nach Schätzung - zwischen 9.100 und 17.600 Wohnungen gebaut werden, um eine gesunde Stadtentwicklung in Rostock zu garantieren.

Denn der Wohnkomfort wird in erheblichem Maße dazu beitragen, die überdurchschnittlich junge Bevölkerung an die Stadt zu binden. Bis 1995 wird die Bevölkerung Rostocks wegen Abwanderungen und Geburtenrückgang um 20.000 Menschen zurückgehen (dann: 228.000). Weil aber gleichzeitig die Haushalte kleiner werden, nimmt das Wohnungsproblem in Rostock trotzdem zu: Hier stehen derzeit 23,5 Quadratmetern Wohnfläche pro Einwohner zur Verfügung (Bundesrepublik alte Länder: 36 Quadratmeter). Alles in allem eine riesige Aufgabe, denn für Neubauten und Sanierungen allein müssen in den nächsten Jahren insgesamt zwischen 5,3 und 6,7 Milliarden Mark ausgegeben werden.

Neben dem Wohnungsbau müssen die Rostocker aber vor allem Gewerbe an die Ostsee locken und dafür entsprechende Flächen freimachen. Kurzfristig müßten etwa, so schätzen die Gutachter, 60 ha im Rostocker Umland erschlossen werden, in den nächsten fünf Jahren gar 100 ha. Auf westdeutsche Verhältnisse umgerechnet, dürften auf diesem Gebeit etwa 15.000 bis 20.000 neue Arbeitsplätze entstehen. Dabei drängen die Gutachter auf eine kostenneutrale Entsorgung von Altlasten. „Möglichst kurzfristig sind investitionsbereite Betriebe hinsichtlich der Entsorgungsfrage abzusichern. Eine Entsorgung über weite Distanzen stellt für die Betriebe einen zusätzlichen Kostenfaktor dar und hat nachteilige Wirkungen für Rostocks Chancen im Standortwettbewerb.“

Chancen und Risiken sehen die Gutachter auch in der Entwicklung des Einzelhandels. „Für die Entwicklung einer Stadt und vor allem der Innenstadt zu einem attraktiven Standort ist die Existenz des mittelständischen Facheinzelhandels unverzichtbar. Der Mittelstand ist bei der Bergabepolitik der Treuhandanstalt ... deutlich benachteiligt worden.“ Kurz: Rostock hat zwar eine Chance als regionales Oberzentrum, doch muß die bisherige Ansiedlung von Großbetrieben außerhalb der Stadt sofort eingeschränkt werden. Stattdessen schlagen die Gutachter für den alten Stadtkern Rostock eine Mischbesiedelung zwischen Wohn-, Gewerbe und Einkaufsgebiet vor. Ein solches „Konzept Innenstadt Rostock“ sieht auch den Ausbau der Infrastruktur vor, mit der die Hansestadt verkehrstechnisch besser über Straßen und Schienen angebunden werden soll. Eindringlich unterstützen die Gutachter die Entwicklung des stadteigenen Mittelstandes, ohne den die Stadt nicht wird florieren können.

mad