: Ausländerpolizei: Ab nach Sachsen
■ Aus Sachsen geflüchtete VietnamesInnen werden zurückgeschickt
Unerhörte Forderungen im AusländeramtFoto: Sabine Heddinga
Im Bundesland Hessen hatten AsylbewerberInnen mit ihrem Protest Erfolg: Diejenigen, die nach einem brutalen Überfall von
Skinheads aus der Ex-DDR ins schützende Hessen zurückgekehrt waren, hatten ein vorläufiges Bleiberecht zugesprochen be
kommen. Anders gestern in Bremen: Vergeblich suchten 17 VietnamesInnen das Gespräch mit dem Ausländeramt, um die Zuweisung nach Sachsen rückgängig zu machen. Sie fanden zwar in Friedrich Pielenz einen Mitarbeiter, der ihnen freundlich zuhörte, doch auch einen, der nach eigenem Bekunden über die ausländerfeinlichen Zustände in Sachsen nur wenig und über die Haltung Hessens gar nicht informiert war. Als Pielenz den VietnamesInnen schließlich mitteilte, die Zuweisungen würden nicht zurückgenommen, traten die Bremer VietnamesInnen um 14 Uhr kurzfristig in Hungerstreik. Zwei ihrer Sprecher erklärten: „Wir wollen lieber in Bremen sterben als in Sachsen.“ In Sachsen hatten vietnamesische Flüchtlinge von den Behörden nicht ausreichend zu essen bekommen.
Nach einer erneuten Besprechung mit Behördenvertretern brachen die VietnamesInnen ihre Protestaktion jedoch ab. Pham- Cong Hoang, ihr Bundesvorsitzender: „Uns ist von der Behörde klar gemacht worden, die Vietnamesen würden mit einem Hungerstreik ihren guten Ruf in Bremen verlieren. Auch ist uns gesagt worden, wir würden von der Polizei weggeräumt.“ Die VietnamesInnen versuchen jetzt, mit Hilfe eines Rechtsanwalts die Zuweisung zu verhindern.
Seit dem 10. Dezember hat die Bremer Ausländerbehörde auf Geheiß des Bundesamtes in Zirndorf 733 Flüchtlinge in andere Bundesländer umverteilt. Davon 471 (nicht 733 wie fälschlich gemeldet) in das unvorbereitete neue Bundesland Sachsen. Darunter auch die sechs VietnamesInnen, die vor wenigen Tagen vom sächsischem Chemnitz illegal nach Bremen zurückkehrten, weil sie die ausländerfeindliche Stimmung in der Ex-DDR nicht ertragen hatten.
Die VietnamesInnen, die gestern in Bremen in Hungerstreik traten, sind zwischen 20 und 25 Jahren jung. Sie hatten im Auftrag ihrer Regierung in tschechoslowakischen Fabriken gearbeitet. Friedrich Pielenz, im Ausländeramt für Asylfragen zuständig, erklärte ihnen: „Was sie aus Sachsen berichten, ist unschön. Aber ich sehe im Moment keinen Grund, die Zuweisung aufzuheben.“ B.D.
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