: Öko-Joker Gauweiler
■ Populistische bayerische Müllpolitik stoppt Verpackungsverordnung
Öko-Joker Gauweiler Populistische bayerische Müllpolitik stoppt Verpackungsverordnung
In Bayern braut sich etwas zusammen: „Kein Weißbier in Einwegflaschen!“ heißt die populäre und jedem Bajuwaren einsichtige Parole mit der der Öko-Populist Gauweiler gestern im Bundesrat die Töpfersche Verpackungsverordnung gestoppt hat. Der Mehrweganteil bei den Getränkeverpackungen müsse erhöht werden, und das per Vorschrift, verlangte der Bayer von seinem Unionskollegen in Bonn. An dieser sinnlich erfahrbaren Stelle ist Gauweiler entschlossen, dem Bundesumweltminister die Stirn zu bieten. Da nützte auch ein später „Katastropheneinsatz“ (Handelsblatt) von Töpfer nichts, der am Vorabend der Bundesratsentscheidung extra nach München jettete, um den „Schwarzen Peter“ umzustimmen. Er wertete den bayerischen Umweltminister damit nur auf.
Gauweiler wird mehr und mehr zum ernstzunehmenden Faktor in der gesamtdeutschen Umweltpolitik. Der CSU-Politiker ist eine brisante Mischung aus Ego und kühl kalkulierender Machtpolitik. Mit den bayerischen Müllinitiativen im Kreuz und dem Willen der bayerischen Regierung, sich auch bundesweit positiv zu profilieren, wird Gauweiler zum Öko-Joker in der Länderkammer. In seiner Doppelfunktion als Minister und Schirmherr der Getränke-Großhändlervereinigung „Pro Mehrweg“ ließ er am Donnerstag nicht nur Töpfer kühl abblitzen. Gauweiler läutete damit möglicherweise eine neue Phase der Umweltpolitik ein: eine Umweltpolitik der Stammtische, die gerade deswegen umso wirkungsvoller ist.
In vier Wochen, wenn die Länderkammer sich erneut mit der Verpackungsverordnung beschäftigen muß, sitzen dann drei Öko-Minister auf den Länderbänken, die den umweltpolitischen Bauch von Lieschen Müller und Peter Meyer zu aktivieren wissen und damit politischen Druck machen. Neben Gauweiler verkörpern auch die ehemalige Greenpeace-Frontfrau, Monika Griefahn, und Hessens frischgewählter Joschka Fischer den neuen Typ von Umweltpolitikern.
Töpfer, der seit Jahren vor allem mit Ankündigungen eine Politik zu machen versucht, ist vielleicht sogar Ziehvater dieses neuen Politikertyps. Seine Ankündigungen haben die Erwartungen noch jedes Mal so hoch geschraubt, daß sie nicht zu erfüllen waren. Jetzt wird das Publikum ungeduldig — die Basis für den neuen Öko-Populismus. Mit seiner Politik macht Töpfer sich überflüssig, denn nach der Politik der Ankündigung, wollen die Menschen nun Taten sehen. Hermann-Josef Tenhagen
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