Rüstungsexporte: Strafe kaum erhöht

■ Bundestag verschärft Strafen für illegale Rüstungsexporte unwesentlich/ Kritik von Sozis und Grünen an legalen Rüstungsausfuhren/ Auch Daimler-Chef Reuter liegt das Thema urplötzlich am Herzen

Bonn/Stuttgart (dpa/taz) — Die Koalitionsmehrheit im Bundestag hat am Freitag gegen die Stimmen der Opposition eine Verschärfung des Außenwirtschaftsgesetzes und der Strafprozeßordnung beschlossen mit dem Ziel, künftig illegale Rüstungsexporte effektiver zu unterbinden. Die Mindeststrafe für Verstöße wurde von einem auf zwei Jahre Freiheitsentzug erhöht, wodurch sie zukünftig nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Das Zollkriminalinstitut (ZKI) in Köln, eine Art BKA der Zollfahndung, soll zukünftig bereits beim Verdacht von Verstößen gegen die Exportbestimmungen den Telefon- und Postverkehr von Firmen und Geschäftsleuten überwachen dürfen. Gegen diese zusätzlichen Befugnisse für das ZKI meldeten SPD-Redner — ebenso wie einige FDP-Abgeordnete — datenschutz- und verfassungsrechtliche Bedenken bezüglich des Post- und Fernmeldegeheimnisses an. Die Sozialdemokraten erklärten, die jetzt vorgesehenen Verschärfungen seien zu begrüßen, nützten aber nicht viel, „weil die Regierung legalen Rüstungsexporten Tür und Tor öffnet“. Demgegenüber forderte die SPD-Fraktion, die deutschen Rüstungsexporte insgesamt, auch die legalen, drastisch zu reduzieren. Erwartungsgemäß scheiterten die Sozis mit ihrem Antrag, die Ausfuhr von Kriegsmaterial nur noch in Nato- Länder zu gestatten.

Redner von PDS und Bündnis 90/Grüne kritisierten, das Gesetz sei „mit heißer Nadel gestrickt“. Es sei ein untaugliches Mittel, das Geschäft mit dem Tod zu beschränken. Die Erhöhung des Strafrahmens werde keinen abhalten, der auch bisher schon einen Weg zur Umgehung von Vorschriften gefunden habe. Sie forderten die Aufnahme eines generellen Waffenexportverbotes in das Grundgesetz.

Auch dem Vorstandsvorsitzenden der Daimler Benz AG, Ezard Reuter, scheint die Exportkontrolle plötzlich sehr am Herzen zu liegen. In Schreiben an Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) und den Präsidenten der Brüsseler EG-Kommission, Jaques Delors, forderte der Konzernchef am Freitag eine EG-einheitliche Exportkontrolle für militärisch nutzbare Waren, Technologien und Dienstleistungen und schlug auch gleich „für Zwecke der Koordination und Kommunikation“ die Schaffung einer europäischen Exportkontrollbehörde vor. Einen Verzicht auf die nationale Produktion von Verteidigungsgütern wäre nach Auffassung Reuters jedoch mit dem demokratischen und verfassungsmäßigen Verteidigungsauftrag unvereinbar, würde zu einer faktischen und politischen Abhängigkeit von ausländischen Lieferanten führen und der Volkswirtschaft erheblichen Schaden zufügen. Die Stuttgarter Vorschläge kommen aus berufenem Munde: Gegen den Konzern mit dem Stern ermittelt die Stuttgarter Staatsanwaltschaft neuerdings wegen des Verdachts, schwere Lastwagen „für einen militärischen Verwendungszweck“ ungenehmigt in den Nahen Osten, unter anderem auch in den Irak exportiert zu haben. Dazu wurden in der vergangenen Woche Unterlagen sichergestellt. Das Unternehmen bestreitet die Vorwürfe vehement. thosch