In Punkto Mätzchen schon Erstliga-verdächtig

Fußball-Zweitligist Blau-Weiß 90 läßt den Hannoverschen SV gelangweilt mit 1:1 ziehen/Statt Aufstiegskampf Streit um Geld  ■ Vom Prenzelberg Schmiernik

Der Umzug in das Jahn-Stadion hat den Blau-Weißen nicht geholfen. Seit ihrem Wechsel vom Westend an den Prenzlauer Berg erzielten sie bei ihren Heimspielen immer das gleiche Ergebnis: 1:1. Am Sonnabend nun schon zum dritten Mal, gegen den abstiegsgefährdeten Hannoverschen SV von 1896. Fürs Trainerle „Horschtle“ Ehrmanntraut sind aber keine spukenden Geister der Vergangenheit Schuld, er bringt die Sache auf den Punkt: »Der Rasen im Stadion hat kein Zweitliga-Niveau, das Heimteam hat nur Nachteile.« Recht hat er. Da sich Blau-Weiß die Benutzung mit dem FC Berlin teilen muß, ist der Rasen zerfledderter als die Bolzflächen am Reichstag.

Aber die Ausrede zählt nicht. Eher stellten die Berliner gegen Hannover endgültig klar, daß sie sich aus dem kleinen Kreis der Aufstiegskandidaten verabschieden. Denn so schwach wie die 96er in der ersten Halbzeit traute sich in dieser Saison niemand in Berlin zu spielen. »Wir waren zu passiv und haben nichts riskiert«, stellte dazu Betreuer Michael Lorkowski fest. Was nicht ganz stimmt, denn einer der Gäste riskierte einiges. In sehr aktiver Weise trat und holzte Bicici gegen Berliner Beine, so daß er flugs noch in der ersten Hälfte wegen drohenden Platzverweises ausgewechselt wurde. Einige seiner Kollegen machten es ihm nicht ganz so eifrig nach; dies zu dem Auffälligten des »kleinen« HSV in der ersten Spielhälfte.

Die Blau-Weißen konzentrierten sich eher auf das, was sie können, den pfleglichen Umgang mit Ball und Gegenspielern. Es war für die immerhin 2.203 Besucher meist nett anzusehen, die technisch gut beherrschten Kombinationen der Berliner, mit denen sie sich oft genug dem von Jörg Sievers bewachten Tor der 96er näherten. Aber auch nur näherten. Denn bei all der schönen Spielerei, es kam arg wenig dabei heraus. Erstmals gelbe Karten für Levy und Schlumberger, die deswegen beim nächsten Spiel zuschauen müssen, und immerhin noch zwei Möglichkeiten zum Torschuß.

Bei der ersten bolzte Kunert den Ball per Freistoß so überraschend an die Latte, daß Torwart Sievers vor Schreck hinplumpste; bei der zweiten hatte Adler den Ball fast schon ins Tor geköpft, nur verdarb Hannovers Groth die Freude und verhinderte mit einer Knieabwehr die Führung.

Direkt nach der Pause taten die Blau-Weißen Gutes für den Unterhaltungswert des Spieles, sie gingen nämlich in Führung. Adler war beim Schußversuch im Strafraum so kurios behindert worden, daß er dafür einen indirekten Freistoß vom Elfmeterpunkt bekam. Eine wunderbare Gelegenheit für Stanislav Levy, den Ball so wüst ins Toreck zu dreschen, daß selbiger schneller wieder heraussprang als die Gäste den Rückstand registrierten.

Als sie dies aber bemerkt hatten, war es vorbei mit der Schläfrigkeit, Nun hatten sie es eilig, die bevorstehende Niederlage doch noch zu vermeiden, was ihnen unter gütiger blau-weißer Mithilfe auch noch gelingen durfte. Erfreulicherweise blieben die Berliner dabei, weiter munter nach vorne zu spielen. Dabei wurde ihr Kurzpaßspiel nun doch sehr vom holprigen Rasen behindert, eine wunderbare Gelegenheit für Hannover, gegen die lückenhafte Abwehr der Berliner zu kontern. Die erste Einladung kam von Kutschera, der sich der momentanen Mode von Abstoßfehlern anschloß, doch diesen geschenkten Ball setzte Heisig neben das Tor. Besser machte es kurz vor Schluß Torhüter Gehrke, der einen Schuß von Kuhlmey in seltsamer Weise so gegen den Pfosten klatschte, daß der Ball anschließend über die Linie kullerte.

So haben die Blau-Weißen wieder einen Punkt vertrottelt. Aber sie versuchen es auch auf der Kasper- Bühne. Zwar sind ihre Lachnummern von außerhalb des Platzes noch nicht so ausgefeilt wie bei Hertha, aber immerhin. Der gefeuerte Manager Michael Sziedat und der Verein zanken sich um eigenes Geld. Weil Sziedat entlassen wurde, nachdem oder weil er Jaremtschuk nach Berlin geholt hatte. Nun möchte er noch 20.000 Mark Gehalt haben, soll er aber nicht, weil der von Sziedat versprochene Sponsor für Jaremtschuks Gehalt nicht zahlt. So soll quasi Sziedat für das Einkommen des Spielers aufkommen. Alles klar?

Also, mätzchenmäßig macht Blau-Weiß gegen Hertha Boden gut, ansonsten bleibt festzustellen, daß Blau-Weiß ebenso zielstrebig wie bei Hertha auf Zweite Liga hingearbeitet wird, dito bei Union, vielleicht FCB oder gar Türkiyemspor. Wär ja was, Berlin als Zweitliga-Hauptstadt. Schmiernik

Hannover 96: Sievers — Wojcicki — Sundermann, Kuhlmey — Heemsoth, Bicici (44. Kretschmar), Surmann, Groth (75. Friedemann), Christensen - Weiland, Heisig.

Zuschauer: 2.203.

Tore: 1:0 Levy (50.), 1:1 Kuhlmey (86.).

Blau-Weiß 90: Gehrke — Levy — Schmidt, Niebel (86. Steffen) — Gartmann (83. Muschiol), Schlumberger, Kutschera, Jaremtschuk, Kunert - Adler, Deffke.