Neonazis tagten vor verschlossenen Türen

Statt „Leuchter-Kongreß“ Neonazi-Demo vor Deutschem Museum in München  ■ Aus München Karin Mayer

Politisches Märtyrertum verbreiteten die rechtsradikalen „Revisionisten“, die sich am Samstag vor dem Deutschen Museum in München zur „Mahnwache“ trafen. Der von den Ewiggestrigen geplante Kongreß, in dessen Mittelpunkt die Leugnung des Holocausts stehen sollte, war wegen eines gerichtlichen Verbots geplatzt. Statt der angekündigten 1.300 versammelten sich gegen 10.30 Uhr etwa 300 Verfechter der „Auschwitz-Lüge“. Das Kreisverwaltungsreferat (KVR) hatte zwar die „Mahnwache“ der Rechtsradikalen vor dem Deutschen Museum genehmigt — allerdings mit der Auflage, das Thema Auschwitz nicht anzusprechen. Dazu konnten sich die Veranstalter nicht verpflichten.

Die Redner, die von der Ladefläche eines Kleinlastwagens herab sprachen, vollführten Gratwanderungen: „Man muß die Wahrheit immer wieder aussprechen“, sagte da einer. „Der Irrtum sei überall obenauf, sogar an den Universitäten und Schulen.“ Ein anderer beschwerte sich, daß die wissenschaftlichen Erkenntnisse der Geschichtsrevisionisten in der Bevölkerung sowenig Beachtung finden. Nur am Wohlstand sei das schnöde Volk interessiert. „Aber das wird jetzt alles anders“, verkündete er unter Jubel und Beifall. Die Siegessicherheit wollte man, so unter Gleichgesinnten, nicht völlig aufgeben. Noch um 13 Uhr redeten die Teilnehmer beispielsweise darüber, den gemeinsamen Weg zum Mittagessen in einen Demonstrationszug umzuwandeln. Dabei war noch gar nicht klar, wo das Essen überhaupt stattfinden würde. Denn der Veranstalter Ewald Althans verhandelte zu diesem Zeitpunkt mit der Polizei über den möglichen Ort.

Ursprünglich war als Veranstaltungsort des Neonazikongresses das Deutsche Museum vorgesehen. Aber am Freitag abend machte die 21. Zivilkammer des Oberlandesgerichts München den Revisionisten einen Strich durch die Rechnung: Sie entschied, daß die Kündigung des Mietvertrages wegen „arglistiger Täuschung“ durch das Deutsche Museum gültig ist. Der Veranstalter Ewald Althans, Mitglied im faschistischen Arbeitskreis Deutsches Jugendbildungswerk, hatte gegenüber dem Deutschen Museum eine „unpolitische Veranstaltung mit ethischem Background“ angemeldet.

Als Ordnungskräfte für Gebäude- und Personenschutz waren 300 Sympathisanten der Rechtsradikalen engagiert worden. Althans sagte, es handle sich dabei um Mitglieder aus schlagenden Verbindungen und Burschenschaften, die sich bei solchen Gelegenheiten bewährt hätten.

Insgesamt acht Kongreßteilnehmer wurden wegen Tragens von Naziemblemen oder Beamtenbeleidigung verhaftet. Sie wurden im Verlaufe des Sonntags wieder freigelassen. Gegen Versammlungsleiter der Revisionisten-„Mahnwache“ und deren Vertreter wurden Ermittlungen eingeleitet, berichtete das Polizeipräsidium München am Sonntag. Eine weitere Verhaftung hatte schon am Freitag abend stattgefunden. Einer der Mitveranstalter und Herausgeber der 'Germania-Briefe‘, Ernst Zündel, wurde nach Angaben eines Polizeisprechers gegen 19.30 Uhr in München festgenommen. Sein Gesinnungsgenosse Althans erklärte gegenüber der taz, Zündels Festnahme sei wegen Beleidigung, Volksverhetzung und Tragens von Nazisymbolen erfolgt. Zündel lebt seit 1958 in Kanada. Er ist einer der Auftraggeber des sogenannten „Leuchter-Gutachtens“, in dem behauptet wird, daß es in Auschwitz keine Gaskammern gegeben habe.

Die Polizei hatte befürchtet, daß es zwischen den Teilnehmern der Revisionisten-„Mahnwache“ und Gegendemonstranten zu Zusammenstößen kommen könnte und stellte vorsorglich 450 Polizeibeamte bereit. Doch die Rechtsradikalen machten keinerlei Anstalten, den Platz vor dem Deutschen Museum zu verlassen. Zur Gegenkundgebung des Antifa-Plenums wenige hundert Meter entfernt am Isartorplatz kamen etwa 100 Nazigegner. Sie kritisierten das Gericht, das den Kongreß genehmigt hatte, und bezeichneten das Veranstaltungsverbot als halbherzig. Sie riefen dazu auf, sich nicht hinter Behördenentscheidungen zu verschanzen, sondern selber politische Verantwortung zu übernehmen. Gegen 14 Uhr löste sich die Neonazi-„Mahnwache“ auf. Man konnte nur einem Passanten Recht geben, der sagte: „Gehen Sie weiter, es lohnt nicht, stehenzubleiben.“