Altbekannte Gesichter auf neuen Posten

■ Angesichts des brutalen Vorgehens der irakischen Armee gegen die Aufständischen dürfte die Kabinettsumbildung vom Samstag nichts weiter als Kosmetik sein und politisch kaum überzeugen. Sie führte...

Altbekannte Gesichter auf neuen Posten Angesichts des brutalen Vorgehens der irakischen Armee gegen die Aufständischen dürfte die Kabinettsumbildung vom Samstag nichts weiter als Kosmetik sein und politisch kaum überzeugen. Sie führte sofort zu Spekulationen über einen Putsch.

Alte Gesichter treuer Weggefährten Saddam Husseins auf neuen Posten — so läßt sich das Ergebnis der irakischen Regierungsumbildung zusammenfassen, auch wenn einige neue Minister hinzugekommen sind. Und selbst wenn der irakische Diktator, der gleichzeitig Präsident, Oberbefehlshaber der Streitkräfte und Vorsitzender des Revolutionären Kommandorats (RCC) ist, nun seinen Posten als Ministerpräsident abgegeben hat, so hat sich damit an den bestehenden Machtverhältnissen im Irak nichts geändert. Denn das letztendliche Sagen hat nach wie vor Saddam Hussein, und das oberste Entscheidungsgremium ist und bleibt der RCC.

Überraschend kam die Regierungsumbildung im Irak nicht, hatte Saddam doch diesen Schritt bereits eine Woche zuvor angekündigt. Politisch bedeutsam ist, daß unter den elf neuen der 24 Kabinettsmitgliedern mindestens zwei Schiiten sind. Andere sprechen von vier Schiiten und zwei Kurden — Vertreter jener Bevölkerungsgruppen also, die führend im Aufstand gegen das Regime sind. Doch angesichts des brutalen Vorgehens gegen die Aufständischen dürfte die Kosmetik auf Regierungsebene nicht überzeugen.

Mit Saadoun Hammadi ist jetzt zum ersten Mal ein Schiit Regierungschef im Irak. Er war zuvor stellvertretender Ministerpräsident, hinter Taha Yassin Ramadan, der der Erste Stellvertreter Saddams auf diesem Posten war. Ramadan avancierte nun zum Vizepräsidenten und damit zur Nummer zwei des Regimes. Der zweite Schiit, der in die neue Regierung berufen wurde, ist der frischgebackene Außenminister Ahmad Hussein Khoudair. Er ersetzt auf diesem Posten den Christen Tarik Asis. Zwar bleibt Asis stellvertretender Ministerpräsident, hat jedoch mit diesem Posten weniger Einfluß als zuvor. Der zweite Absteiger ist der gefeuerte Informationsminister Latif Nassif Jassim. Beide wurden offenbar dem Unmut der Bevölkerung über die unnachgiebige Linie des Regimes in der Kuwait-Frage und der Zensur geopfert. Doch innerhalb der Partei gehören sie zu den sogenannten Intellektuellen, die sich begrenzten Veränderungen nicht verschließen — wie im übrigen auch Saadoun Hammadi. Nachrücker auf dem Posten Jassims ist Hamid Youssuf Hammadi, bislang persönlicher Sekretär Saddam Husseins.

Zufrieden ist Saddam Hussein dagegen offensichtlich mit seinem erst kürzlich ernannten Innenminister Ali Hassan al Madjid, dem „Schlächter von Kurdistan“ und Cousin Saddams, und — erstaunlicherweise — auch Verteidgungsminister Saadi To-ma Abbas. Beide behielten ihre Posten. Gleiches gilt für einen Bruder des Innenministers, Hussein Kamel Madjid, der nicht nur Cousin des Staatschefs, sondern auch sein Schwager ist. Er leitet auch künftig die Ministerien für Erdöl und Industrie sowie für die Rüstungsindustrie. Unklar blieb zunächst, was aus dem bisherigen Vertreter Saddam Husseins, Taha Muhieddin Maaruf, wurde. Er ist der einzige Kurde im Kommandorat und war im Zuge der Regierungsumbildung namentlich nicht erwähnt worden. Doch in den irakischen Medien wurde Maaruf anschließend mit seinen beiden Funktionen wieder genannt.

Die Ankündigung der Kabinettsumbildung führte am Samstag prompt zu Spekulationen über einen Putsch in Bagdad. Wie der syrische Rundfunk berichtete, zirkulierten in irakischen Oppositionskreisen Informationen über einen bevorstehenden Staatsstreich. Zuvor hatte der Oppositionssender „Stimme des Freien Irak“ gemeldet, über Bagdad sei ein Ausnahmezustand verhängt worden. Die Republikanischen Garden riegelten die Zugänge zur Hauptstadt ab, hieß es. Am Sonntag dann bezogen die Garden angesichts der anhaltenden Putschgerüchte und des Vormarsches der Aufständischen Position um das Hauptquartier von Saddam, wie die iranische Nachrichtenagentur 'Irna‘ berichtete.

Im Süden des Landes haben die regimetreuen Gruppen mittlerweile offenbar wieder die Oberhand, auch wenn es in den Vororten Basra und in der Umgebung der Städte Najaf und Kerbala immer noch zu vereinzelten Kämpfen kommt. US-Soldaten im Südirak gaben an, sie hätten mehrere Flüchtlinge mit starken Verbrennungen gesehen — möglicherweise ein Hinweis auf den Einsatz von Napalm.

In Kurdistan scheinen die Rebellen jedoch offenbar weiter vorzurücken. Nach Angaben des State Department in Washington sind Regierungstruppen in der Gegend von Kirkuk in Bedrängnis geraten. Zu Kämpfen sei es auch bei Mossul gekommen. Vertreter kurdischer Organisationen wiesen darauf hin, daß die regimetreuen Kräfte nach der weitgehenden Niederschlagung des Aufstands im Süden nun dabei seien, Verteidigungslinien gegen die Kurden aufzubauen. Beate Seel