Saft abgedreht

■ Betr.: Radio 100, taz vom 27.2.91

Betr.: Radio 100, taz vom 27.2.

Die Art und Weise, in der Radio 100 der Saft abgedreht wurde, entspricht eher dem Habitus eines absolutistischen Monarchen als dem eines Geschäftsführers. Nach den Informationen der taz (die einzigen, die es überhaupt gab) ist Herr Thimme ein »NRJ-Fan«. Ich meine dazu, er ist in erster Linie ein »Geld-Fan«, ist ja auch nichts besonderes in unserer Zeit, in der die Materie vor dem Menschen rangiert.

Natürlich geht es diesem Herrn Thimme um sein Geld und seine Macht. Daß dabei ganz nebenbei ein wichtiger Sender ruiniert wird, ist wohl völlig unintererssant. [...] Radio 100 hatte ein wirklich gutes Programm, vor allem auch für Minderheiten, die sich ja sonst nirgendwo artikulieren können in unserer Medien- Einheitssuppe. Den Mitarbeitern von Toleranz e.V. (Eldoradio) kann ich nur meinen Dank aussprechen für ihre vorzügliche Arbeit unter derartigen Bedingungen. [...] Bärbel Schürmann

Betr.: s.o.

Es tut sich einiges in Berlin: Eine neue Regierung streicht Selbsthilfeprojekten von Schwulen und Lesben die Gelder; nach Übernahme des »Quatiers« läßt der Sänger von BAP, der sich einst — fast schon vergessen — in einem Song über Leute aufregte, »für die Schwule Verbrecher sind«, alle in erster Linie für Homos gedachte Veranstaltungen aus Rentabilitätsgründen fallen. Und nun bezieht auch noch die taz Stellung für eine Zusammenarbeit mit dem Kommerzsender NRJ, zu dessen ersten Opfern Eldoradio zählen wird. The times they are a changin! Willi Dittrich

(Die taz hat nicht für eine Zusammenarbeit mit NRJ Stellung bezogen — Anmerkung der Redaktion)