Vergewaltigungen: „Rekord“ in den USA

Washington (taz) — Es war eine Meldung über das drastische Ausmaß heimischer Gewalt, die neben den Berichten über die kriegerische Gewalt am Golf beinahe unterging: In den USA sind im letzten Jahr über 100.000 Frauen vergewaltigt worden.

Einer Studie des Rechtsausschusses im Senat zufolge ist damit die Zahl sexueller Attacken im letzten Jahr viermal so schnell angestiegen wie die allgemeine Kriminalitätsrate.

„Amerikanische Frauen“, so der Ausschußvorsitzende, Senator Joseph Biden, „sind einer größeren Gefahr ausgesetzt, angegriffen zu werden, als je zuvor in der Geschichte unserer Nation“. Die Gefahr für US- Bürgerinnen, vergewaltigt zu werden, ist damit achtmal höher als die für europäische Frauen.

Experten haben die ansteigende Vergewaltigungsrate bisher immer mit dem steigenden Drogenmißbrauch, der zunehmend gewaltsamen Natur der US-amerikanischen Kultur und einer wachsenden Bereitschaft der Frauen erklärt, ihre Vergewaltigung bei der Polizei registrieren zu lassen. Die Melderate von Vergewaltigungen, so die Studie, liege in den USA über der in Portugal, Japan, Großbritannien und Italien.

Doch nur jedes zehnte Vergewaltigungsopfer in den USA erstattet bei der Polizei Anzeige, so der Bericht des Senatsausschusses. Und nicht nur die Zahl der Frauen, die zur Polizei gehen, sondern auch der Opfer, die ein unabhängiges „Vergewaltigungs-Zentrum“ besuchten, so stellten die Autoren der Studie fest, hat im vergangenen Jahr dramatisch zugenommen. „Diese Zahlen... bringen die Skeptiker zum Schweigen, die glauben, die ansteigenden Vergewaltigungsraten seien einzig und allein eine Folge der offiziell gemeldeten Vergewaltigungen“, zieht die Studie ihre Schlüsse.

Senator Biden hofft jetzt, daß der neue Vergewaltigungsrekord die Chancen für seinen Gesetzesentwurf verbessert, der eine Verdopplung des Strafmaßes für Gewalt gegen Frauen, ein 300-Millionen-Programm zur örtlichen Bekämpfung von Sexualdelikten und die Definition von Vergewaltigung als sogenanntem Hate Crime vorsieht, was zusätzlich eine zivilrechtliche Klage gegen die Täter zulassen würde. Rolf Paasch