Neue AL in Hamburg: „Jetzt muß niemand mehr GAL wählen“

Hamburg (taz) — Als weitere Abspaltung vom Hamburger Landesverband der Grünen gründeten am Sonntag nachmittag 120 Personen die „Alternative Liste“. Der Großteil der neuen AL-Mitgliedschaft war jüngst von der Grün-Alternativen Liste (GAL) abgesprungen; dort hatte eine neue Mehrheit die Traditionsfundis das Fürchten gelehrt und einen Beschluß gefaßt, sich für die Koalition mit den Hamburger Sozialdemokraten nach der Bürgerschaftswahl am 2.Juni starkzumachen. Auch einige ehemalige GAL-Funktionsträger, die schon vor Jahresfrist der Partei den Rücken gekehrt hatten und unter dem Signum „Radikale Linke“ einen Debattierzirkel unterhalten, sind jetzt bekennende AL- Mitglieder.

Die neuen Alternativen, die das G für „Grün“ abgeworfen haben, sehen sich als Retter tradierter linker Polit-Essentials wie Antikapitalismus und Antiimperialismus. In der Gründungserklärung der Liste heißt es: „Unsere Aufgabe ist es, zusammen mit den Menschen die Machtverhältnisse in der Stadt zu verändern. Dabei streben wir gesellschaftliche Mehrheiten an, wobei für uns der außerparlamentarische Kampf die wichtigste Voraussetzung positiver Veränderungen ist.“

Dennoch will die Alternative Liste zur Bürgerschaftswahl antreten — in Konkurrenz zur verlassenen GAL, die sich derzeit wieder mit der Realo-Abspaltung Grünes Forum zusammenrauft. Und auch wenn der ehemalige Grünen-Bundestagsabgeordnete und jetzige AL-Mann Tay Eich auf der Gründungsversammlung versicherte, die Kandidatur richte sich nicht gezielt gegen die GAL, gegenüber den Grünen verspüre er keinen „Zerstörungsdrang“, so ist das Antreten zur Wahl von Ernt Medecke (ehemals Mitglied des GAL-Landesvorstandes) doch eine gewisse Verhinderungstaktik: Damit niemand in Hamburg mehr „in die Verlegenheit gerät, GAL wählen zu müssen“. Denn die habe als wahre Oppositionspartei ausgedient. Das Motto der AL- Gründung hieß denn auch: „Hamburg braucht eine Opposition.“

Die Alternative Liste will sich eine offene Struktur geben und mit niemandem koalieren. Offen soll sie jedenfalls für ein definiertes Segment der Hamburger Linken sein: für „feministische, radikaldemokratische, ökologische und anarchistische oppositionelle Strömungen“. mib