Kakerlaken in Angst

■ Gesucht: „Lästlingswart (staatl. Gepr.)“

Bonn (taz) — Es schlängelt sich der Silberfisch. Es kreucht die Schabe und die Kakerlake, die besonders ekelige. Die Stallfliege surrt, die Ameise krabbelt und die Mehlmotte mampft. Alarm in der guten Stube! Und was tut der Mensch? Er geht in den nächsten Baumarkt, erwirbt eine Großpackung freiverkäuflicher Giftspritzen ohne Inhaltsangabe wie die „K.O.-Superbombe“, und läßt die chemischen Keule, meist mit Pestiziden bestückt, durch Wohnzimmer und Küche kreisen. Erfolg: Das Schlängeln, Krabbeln und Kreuchen geht bald wieder von vorne los, und der Mensch hustet, kotzt und würgt. Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) forderte gestern das Ende solch selbsternannter Kommandos der Kleintierkiller. Die Schädlinge im eignen Heim seien meist gar nicht schädlich, höchstens lästig, weshalb sie besser „Lästlinge“ heißen sollten. Wer aber dennoch zu häuslichen Giftgasen greifen wolle, dürfte diese fortan nur über Rezept und qualifizierte Informationen bekommen. Noch ärgerlicher aber seien, so der BUND, die hauptberuflichen Schädlingsbekämpfer, bekannt auch als Kammerjäger. Ein solcher Insekten-Experte kann nämlich ein jeder werden, dazu reichten Absicht, gültiger Personalausweis und die Gebühr für einen Gewerbeschein. Dies sei eine „unverantwortliche Gesetzeslücke“.

Der Diplom-Kammerjäger: Was manchem skurril erscheint, ist gar nichts neues. Schädlingsbekämpfer war in Deutschland schon einmal eine „ganz ausgefeilte Fachausbildung, rechtlich verbindlich vorgeschrieben und nur in Meisterbetrieben erlaubt“. Kurze Zeit allerdings nur. Vom 1. Januar bis zum 3. Oktober 1990 in einem Land, das gemeinhin als ökologisches Sodom- und Gomorra gilt — in der DDR. -müll-