Nationalpark Wattenmeer heißt nur so

Naturschützer mahnen Nutzungverbote im Nationalpark „Niedersächsisches Wattenmeer“ an/ Pipeline-Bohrungen im 10-Prozent-Nationalpark vorläufig gestoppt  ■ Aus Hannover Jürgen Voges

Auch fünf Jahre nach seiner offiziellen Errichtung existiert der „Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer“ nach Ansicht der Naturschutzverbände größtenteils nur auf dem Papier. Das 250.000 Hektar große Schutzgebiet im niedersächsische Wattenmeer entspreche bisher keineswegs den Kriterien, die international Nationalparks gelten würden, erklärte gestern in Hannover Holger Wesemüller für den Naturschutz Verband Niedersachsen, der jetzt zusammen mit vier anderen Umweltverbänden ein Memorandum zum fünfjährigen Bestehen des Naturreservats in der Nordsee erarbeitet hat. Die internationalen Kriterien, die auch Bundesrepublik anerkannt habe, verböten auf dem überwiegenden Teil der Fläche von Nationalsparks jedwede wirtschaftliche Nutzung, sagte Wesemüller. Im niedersächsische Wattenmeer sei jedoch selbst in den mit höchster Priorität geschüzten Ruhezonen weiterhin die Herz- und Miesmuschelfischerei und selbst das Freizeitvergnügen Jagd erlaubt. „Auf dem Weg zu einem wirklichen Nationalpark in Niedersachsen gibt es bisher 10 Pronzent Fortschritte, die restlichen 90 Prozent sind noch zu tun“, bilanzierte der Naturschützer gestern.

Als Beispiel dafür, „daß im Nationalpark immer noch wirtschaftlichen Interessen Vorrang vor Natur und Umwelt eingeräumt wird“, bezeichneten die Vetrerter der Umweltverbände eine von der norwegischen „Statoil“ geplante Erdgaspipeline an, die vom norwegischen Ekofisk- Feld durch die Ruhezone über Norderney nach Niedersachsen führen soll. Ausgerechnet in der Brutzeit der Wattvögel hatte die die zuständige Bzeirksregierung Weser-Ems jetzt Untersuchungsbohrungen für diese Pipeline erlaubt. Bei der Übergabe der Nationalparkbilanz sicherte die nidersächsische Umweltministerin Monika Griefahn jetzt den Verbänden zu, daß ihr Widerspruch aufschiebende Wirkung habe und die Arbeiten im Watt vorerst eingestellt würden. Vor einer Entscheidung über den Bau der Pipeline müsse die Norwegische Statoil jetzt auch noch zwei andere Trassen abseits des Nationalparks untersuchen lassen, erklärte das Umweltministerium gestern.

In dem Gespräch der Verbände mit Ministerin Griefahn sei man sich „in der Theorie über die Erfordernisse des Naturschutzes einig gewesen“, sagte Holger Wesemüller. In der Praxis tue sich aber auch die rot- grüne Landesregierung mit dem Schutz der Natur sehr schwer. So sei etwa für einen eingermaßen funktionierenden Nationalpark Wattenmeer zumindest eine Verdoppelung der Finanzmittel und des Personalbestandes erforderlich. Ihre 20 Mitarbeiter für die gesamte Nationalparkverwaltung stehen etwa 140 Mitarbeiter im Nationalpark Bayrischer Wald für 130.000 Hektar 140 Mitarbeiter beschäftigt würden. Die Ministerin habe allerdings keine Aufstockung des Personals zusagen können, sondern lediglich, daß die Verwaltung demnächts direkt dem Umweltministrium unterstellt werde. Damit werde diese Verwaltung immerhin nicht mehr so stark wie bisher, dem „regionalen Interessenklüngel ausgeliefert“, sagte der Sprecher des Naturschutzverbandes.