DDR erteilte RAF Schießunterricht

■ Führende aktive RAF-Mitglieder sollen Anfang der achtziger Jahre regelmäßig in die DDR gereist und dort ausgebildet worden sein/ Sicherheitsbehörden bestätigen „sensationellen“ „Monitor“-Bericht

Berlin (taz) — Die DDR hat Anfang der achtziger Jahre nicht nur ausgestiegene Mitglieder der Rote Armee Fraktion (RAF) aufgenommen, sondern auch regelmäßig aktive Kader an Waffen ausgebildet. Die bundesdeutschen Sicherheitsbehörden sind darüber bereits seit einiger Zeit im Bilde. Das berichtete das Fernsehmagazin Monitor gestern abend. Nach der Ankündigung des Fernsehbeitrags berief die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe für gestern abend eine Pressekonferenz ein.

Mitglieder der RAF-Kommandoebene hätten bei ihren DDR-Aufenthalten in dem Stasi-Objekt mit dem Namen „Forsthaus an der Flut“ bei Frankfurt/Oder gewohnt und seien auf einem nahe gelegenen Schießplatz von Mitarbeitern des Ministeriums für Staatssicherheit im Umgang mit Schußwaffen unterrichtet worden, meldete Monitor gestern vorab. Im selben Stasi-Objekt Nr. 74 waren auch die RAF-Aussteiger nach ihrer Ankunft in der DDR in ihre „Legende“ eingewiesen worden, bevor sie auf verschiedene Städte verteilt wurden.

An den Ausflügen in die DDR waren nach dem Bericht unter anderem die damals als Topleute der RAF gesuchten Christian Klar, Adelheid Schulz, Helmut Pohl und die später endgültig in der DDR untergetauchten Aussteiger Inge Viett und Henning Beer beteiligt. In Sicherheitskreisen, die den Monitor-Beitrag gestern „in der Substanz“ bestätigten, wurde auch der Name Brigitte Mohnhaupt genannt. Die Stasi habe den RAF-Kadern auch finanziell unter die Arme gegriffen. So sei Christian Klar ein Flug nach Brüssel spendiert worden.

Um bei den Waffenübungen nicht aufzufallen, habe man die West- Guerilleros in Uniformen der Nationalen Volksarmee gesteckt. Dabei seien sie auch im Umgang mit einer sowjetischen Panzerfaust unterwiesen worden. Nach Angaben aus Sicherheitskreisen lag diese Ausbildung zeitlich nach dem mißglückten Anschlag auf den US-General Frederick Kroesen im September 1981. Auf Kroesen war mit einer Panzerfaust geschossen worden.

Bisher war stets davon ausgegangen worden, daß die DDR ausschließlich dabei geholfen habe, insgesamt zehn im Westen gesuchten RAF-Aussteigern „Asyl“ zu gewähren. Sitzungsprotokolle aus DDR- Zeiten mit Äußerungen der Stasi- Oberen Mielke, Wolf und Neiber hätten diese Lesart bislang auch bestätigt, erklärte gestern ein Staatsschützer gegenüber der taz. Insofern seien die „neuen Erkenntnisse eine Sensation“. Die Autoren des Monitor-Berichts betonten gestern, daß keines der grundsätzlich aussagebereiten ehemaligen RAF-Mitglieder die neuen Erkenntnisse offenbart habe.

Die Aussteiger seien in diese viel weitergehende Zusammenarbeit zwischen der DDR und der RAF nicht eingeweiht gewesen. Überraschend ist deshalb insbesondere, daß bei Monitor auch Henning Beer im Zusammenhang mit den Schießübungen genannt wurde. Beer hatte sich nach seiner Festnahme im vergangenen Sommer gegenüber den bundesdeutschen Vernehmungsbeamten ausgesprochen kooperationsbereit gezeigt. Über eine Zusammenarbeit der DDR mit der aktiven RAF äußerte er sich jedoch ebensowenig wie die Aussteigerin Inge Viett, die bislang noch keine Aussagen gemacht hat. Gerd Rosenkranz