„So gibt der Bremer keinen Pfennig!“

■ Wolfgang Berghöfer, Präses der Handelskammer, über die Chancen einer „Kulturstiftung“ sowie die Rechnung und den Wirt

In Ermangelung von Bargeld hat die Kulturbehörde der schutzbefohlenen Szene milden Trost an die Wand gemalt: Eine sogenannte „Kulturstiftung“ soll zusätzliches Geld anziehen, einzuzahlen teils vom Senat und vor allem teils von den hiesigen Unternehmen. Weil die Behörde mit ihrem Projekt jetzt schon länger hausieren geht, und ohne erkennbare Folgen, hat die taz einmal nachgefragt: beim Präses der Handelskammer Wolfgang Berghöfer.

taz: Der Laie denkt, hört er „Stiftung“, an Edelmut. Kultursenator Scherf aber verspricht: Es rechnet sich für die Einzahler. Was meinen Sie?

Wolfgang Berghöfer: Ich teile Ihre Interpretation nicht. Man scheut sich, den Begriff des Mäzen zu verwenden, weil man daran wohl nicht recht glaubt; man wittert hinter allem das Sponsorenhafte.

Das überrascht mich. Was soll denn die Stiftung anderes tun als Sponsorengelder zu koordinieren?

Vielleicht sollten wir erst über die Chancen einer solchen Stiftung nachdenken. Noch haben wir sie nicht. Wie leicht ist die Rechnung ohne den Wirt gemacht.

Bitte.

Die Kulturpolitik in Bremen hat sich in den letzten zwanzig, dreißig Jahren denen, die jetzt als Geber in Frage kämen, eher entfremdet. Dazu kommt: Es wird Kultur in einer solchen Breite gefördert, daß man sich verliert in tausend Einzelförderungen, die vielfach sozialen Charakter haben. Das sucht man jetzt zu korrigieren, aber es muß erst wieder Vertrauen geschaffen werden. Konkret: mindestens über jeweils ein halbes Jahrzehnt muß die Politik Finanzierungsvorgaben machen für die Bereiche, in denen der Staat ohnehin in der Pflicht ist. Das betrifft den teils desolaten Zustand vieler Gebäude, vor allem aber die personelle Ausstattung, wo es noch einen hoffnungslosen Überhang von ABM-Stellen gibt. Ohne Rücksicht darauf, ob ihre Inhaber den Aufgaben auch nur annähernd gewachsen sind.

Also den Kulturetat eklatant erhöhen?

Richtig. In zweistelliger Millionenhöhe. Pro Jahr. Was dagegen eine Kulturstiftung aufbringen könnte, bewegt sich ja bloß im unteren einstelligen Millionenbereich.

Kaum fünf Prozent des Kulturetats.

Und Voraussetzung ist eine gewisse Anschubfinanzierung des Staates. Wissen Sie, wenn Leute, die sich das leisten können, das berühmte Obendrauf bezahlen sollen, dann müssen sie sich mit der betreffenden Kultureinrichtung identifizieren können. Und ein persönliches Verhältnis finden. Ganz wichtig! Nur dann wären Bürger bereit, auch mal von Fall zu Fall Spektakuläres zu finanzieren. Wenn die Einrichtung aber in einem desolaten Zustand ist, dann sagen die: Hands off! Wenn nicht einmal die Existenz gesichert ist, hat es ja keinen Zweck, sich zu kümmern.

Und dann? Wird die Stiftung eine Fortsetzung der Behörde mit Dritten-Mitteln?

Wenn sie denn käme, müßte sie sicherlich außerhalb der Behörde geführt werden.

hierhin bitte

das Foto von dem

großäugigen

Mann

Wolfgang BerghöferFoto: Sabine Heddinga

Von wem?

Überwiegend von privaten...von politisch unabhängigen Personen. Aber ich will Ihnen noch eins sagen: Es hat keinen Zweck, Standortförderung privat mitzufinanzieren, wenn andererseits den selben Leuten ihr Wirtschaf

ten erschwert wird, zum Beispiel durch eine Schulpolitik, die sich im erklärten Gegensatz zu deren vitalen Interessen befindet.

Hm. Zurück zur Stiftung. Soll die bloß auf die kulturelle Werktags- Litanei die I-Tüpfelchen stupsen? Die Behörde, glaube ich, erhofft sich mehr.

Ich sehe da keinen Widerspruch. Bloß reicht es nicht, eine solche Stiftung zu gründen und dann zu sagen: Nun laßt euch mal überraschen, was wir besonderes damit anstellen. Ich sage Ihnen: So gibt der Bremer keinen Pfennig! Der Bremer, der will das ganz präzise wissen: für welche Veranstaltung? Was ist deren Wert? Einmaligkeit undsoweiter. Dann ist er vielleicht bereit, eine Deckungslücke zu schließen. Deshalb hat sich hierzulande sehr bewährt, daß man das Geldeinsammeln nicht einer Institution überantwortet. Das ist immer eine Sache von wenigen gewesen, die unter ihresgleichen Zuspruch fanden.

Das wird die Behörde betrüben. Dort kursieren Überlegungen, mit dem Stiftungsgeld gerade eine solche Institution aufzubauen, welche Kultur und das große Sponsorengeld zusammenkuppelt.

So eine Vorstellung, die gebiert der graue Behördenalltag.

Aber soll man das bißchen Geld in noch ein kleines Gießkännchen füllen? Und wo sind die vielen Unternehmen versteckt, die letztes Jahr im Rahmen einer IFO-Studie ihre Bereitschaft zur Kulturförderung erklärt haben?

Es gibt immer noch einen breiten Bürgersinn, Kultur zu fördern. Aber es kommt darauf an, wie man herangeht.

Wird das Thema „Stiftung“ in der Unternehmerschaft diskutiert?

Nein. Es wird kaum wahrgenommen. Die Senatskanzlei hat die Mitteilung, ich sei mit Herrn Scherf darüber im Gespräch, als Irrtum zurückgenommen. Aber ich bin auch nicht dagegen. Es fehlt in Bremen nicht an Geld. Und es sollte für Kultur mehr getan werden. Aber in der richtigen Reihenfolge. Erst die solide Grundlage. Der Bremer, wissen Sie, der liebt seine Stadt. Aber sehr privat.

Dann ist Ihr Bremer für eine Stiftung sowieso nicht zu haben.

Sie haben's erfaßt. Das sind so meine Zweifel. Interview: Manfred Dworschak