Heiraten ist wieder »in«

■ Standesämter der großen Berliner Bezirke momentan restlos ausgelastet/ Neukölln ist am stärksten betroffen/ Verwirrung um Namensrecht

Neukölln. Die wilden Ehen der siebziger Jahre sind out. Heiraten ist wieder in Mode gekommen. Die Zahlen, gerade unter den jüngeren Brautpaaren, sind in den letzten Jahren stetig gestiegen.

Der im Frühjahr seine Liebespfeile verschießende Amor und der Wonnemonat Mai bescheren auch dieses Jahr den Berliner Standesämtern wieder einmal ein Mehr an Arbeit. Neukölln, als der bevölkerungsreichste Bezirk Berlins, hat die größten Probleme, dem Andrang Herr zu werden. Sie können maximal 22 Aufgebote pro Tag bearbeiten, einige Paare haben sich frühzeitig um einen festen Termin bemüht, sieben sind es täglich. Bereits morgens um 5 Uhr finden sich einige Verliebte ein und warten vor den noch verschlossenen Türen, um sich pünktlich um sieben Uhr früh in die ausgehängte Liste einzutragen. 15 Namen haben hier Platz. Im Augenblick kommt es sogar vor, daß bereits um 7.30 Uhr die Liste wegen »Überfüllung« geschlossen werden muß, also nichts für Langschläfer. Montags sei einer der arbeitsintensivsten Tage, da man am Wochenende viel Muße hat, einen solch wichtigen Schritt zu planen und diesen so schnell als möglich bereits montags in die Tat umzusetzen. Augenblicklich gibt es Wartezeiten bis zu fünf Stunden, und das ist nicht nur an den Montagen keine Seltenheit. Die Partner sollten eigentlich während des Wartens Zeit finden, sich auf einen gemeinsamen Namen zu einigen. Anscheinend reicht sie für einige jedoch nicht aus, und so kommt es manchmal zu kleinen Streitigkeiten vor dem Standesbeamten. Diese können nun auf ein neues Namensgesetz, welches bald vom Bundesverfassungsgericht verabschiedet werden soll, hinweisen (siehe Kasten).

Der Anteil an Eheschließungen von Ausländern ist in den letzten Jahren rapide angestiegen. In Deutschland müssen sich Mann und Frau nach dem jeweiligen Heimatrecht die Treue schwören. Somit ist der Prozeß sehr viel komplexer und damit auch langwieriger. Einige können kein deutsch, und so muß ein Dolmetscher bemüht werden. Da ein Satz, dreimal hintereinander ausgesprochen, wie: »Ich verstoße dich, ich verstoße dich...«, hierzulande keine rechtskräftige Scheidung ist, müssen Trennungen dieser Art erst anerkannt werden. Diese etwas umständlicheren Prüfungen kosten natürlich mehr Zeit, was aber nur momentan ins Gewicht fällt.

Wer im Augenblick also sein Aufgebot bestellen will beziehungsweise ans Heiraten denkt, sollte entweder sehr früh aufstehen oder noch einige Zeit warten, bis der Monat Mai zuende geht. Julia L'age