Firmengründung statt Arbeitslosigkeit

■ Arbeitssenat will neue Wege bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit gehen/ Servicegesellschaften sollen in Ost-Berlin mittelständische Firmengründungen ermöglichen/ Finanzierung gesichert

Berlin. Der Senat für Arbeit und Frauen will mit sechs bis sieben behördenunabhängig arbeitenden »Servicegesellschaften« (SG) der wachsenden Arbeitslosigkeit im Ostteil Berlins begegnen. Das wurde in einem Pressegespräch mitgeteilt. Zur Begründung wurde gesagt, daß Arbeitsämter und Behörden zeitlich, personell und organisatorisch überfordert seien, über die Finanzierung von Arbeitslosigkeit hinaus in Ost- Berlin beschäftigungspolitische Initiativen umzusetzen. Außerdem müsse verhindert werden, daß bei Ostberliner Betrieben, die von der Treuhand privatisiert würden, Stilllegungen oder der Verkauf von Betriebsteilen und sozialen Einrichtungen ohne beschäftigungspolitische Antworten blieben.

Die SG seien als »mobile Arbeitsämter« gedacht. Sie hätten im direkten Kontakt mit Betrieben, Kommunen und bisherigen Trägern von AB- Maßnahmen Projekte zur Gründung von gemeinnützigen betrieblichen Sanierungsgesellschaften, kommunalen Entwicklungs- sowie Beschäftigungsgesellschaften vorzubereiten und geeignetes Personal in Ost-Berlin zu suchen. Solchen Projekten würden die SG Mittel für die Anschubfinanzierungen zur Verfügung stellen. Außerdem würden sie in Fragen des Betriebsmanagements, der Finanzierung und Aus- und Weiterbildung durch die SG beraten.

Nach den Plänen des Arbeitssenats werden sie mit einem jährlichen Finanzvolumen von 2,5 bis 4 Millionen Mark und mit bis zu 20 Mitarbeitern ausgestattet. Ihre Tätigkeit sei zeitlich und örtlich begrenzt und habe zum Ziel, die Entwicklung von unabhängigen mittelständischen Betrieben zu fördern, die »marktfähig« sind. Die SG würden den Bezirken zugeordnet und branchen- und zielgruppenorientiert eingesetzt.

Mittel für die Finanzierung des »Entwicklungsprogramms für den Ostteil« ständen zur Verfügung, betonte Peter Haupt, der derzeit die Geschäfte eines Staatssekretärs im Arbeitssenat wahrnimmt. Das normale Finanzierungsvolumen für Arbeitsmarktmaßnahmen bleibe unberührt, man könne auf Bundesmittel, auf Mittel der Wirtschaftsverwaltung sowie des EG-Regionalfonds zurückgreifen. Auch die Treuhand sei bereit, sich an der Finanzierung zu beteiligen. Das habe ein gestern geführtes Gespräch ergeben.

Vorgesehen sei, daß schon im Mai mit zwei Projekten begonnen werde. In Friedrichshain werde in Zusammenarbeit mit der »Stadtbau« eine kommunale Entwicklungsgesellschaft gegründet, die im Bereich Wohnungsrenovierung und Wohnumfeldverbesserung tätig werde. In Pankow bei ABB (ehemals Bergmann-Borsig) sei an die Gründung einer Beschäftigungsgesellschaft gedacht, die die dringend notwendige Sanierung des Heizwerkes übernehmen soll. Bei Gesprächen mit Verbänden und Behörden wie Industrie- und Handelskammer, Gewerkschaften, Arbeitsämtern, aber auch den anderen Senatsverwaltungen über das »integrierte Programm zur Arbeitsplatzsicherung und Betriebsgründung« sei man auf Zustimmung gestoßen, sagte der Sprecher des Arbeitssenats, Lutz Engelke. Das Programm, an dem sich auch die brandenburgische Landesregierung beteiligen soll, werde für das Berliner Umland »regionale Entwicklungsanstöße« geben. Es soll in gut zwei Wochen der Berliner Landesregierung als Senatsvorlage zugeleitet werden. Man erwarte, daß damit »einige tausend Arbeitsplätze« gesichert oder neu entstehen werden und daß den »Menschen in Ost-Berlin eine Perspektive eröffnet werde«. Raul Gersson