Zunächst war es nur Sex

„Frühstück bei ihr“ — Eine Liebesgeschichte von Luis Mandoki  ■ Von Karl Wegmann

Die Geschichte fängt an, wo die Love Story aufhörte. Die High-School-Liebe und spätere Frau von Max ist tot. Mit 25 dahingerafft von einem Automobil. Jetzt steht er da mit tollem Job, schicker Wohnung, gut aussehend und voller Erinnerungen. Wehmut wabert durch sein Yuppie-Leben und seine einsamen Nächte. Bis er eines Abends einen Hamburger-Laden betritt und mit der Verkäuferin Nora aneinandergerät. Später trifft er sie in einer Bar wieder.

Nora ist 43, und der Maskenbildner hat dafür gesorgt, daß man es ihr auch ansieht. Sie hat schon einige Wodkas intus und beginnt, den jungen Mann anzumachen. Der ist angewidert. Schließlich verrät er ihr aber doch den Grund für seine maßlose Traurigkeit.

Für die nun folgende Szene kennen wir, aus zahllosen Filmen, die verschiedensten Variationen. Regisseur Luis Mandoki hat jedoch eine andere Lösung gefunden: Als Max von seiner toten Frau erzählt, fängt Nora schallend an zu lachen. Sie kann überhaupt nicht mehr aufhören, führt sich auf, als hätte sie den besten Witz ihres Lebens gehört. Damit ist die Gefahr gebannt: Frühstück bei ihr verkommt nicht zur gefühlsdusseligen Schnulze.

Nora schleppt den inzwischen ziemlich angeschickerten Max dann doch noch ab und verführt ihn in ihrer Wohnung. Das Spiel beginnt. Zunächst ist es nur Sex. Dann wird es mehr, und die Schwierigkeiten fangen an.

Susan Sarandon spielt die Nora kraftvoll und überzeugend. Nora stammt aus der Arbeiterklasse und ist nicht hochgekommen. Sie lebt am Rande des Existenzminimums. Ihr kann keiner was vormachen, sie kennt das Leben, ihre Ehe war ein Fiasko, ihr halbwüchsiger Sohn starb als Drogenopfer. Dagegen sind Max' Probleme wirklich lächerlich. In ihrer Beziehung gibt sie den Ton an. Sie will nicht, daß Max ihre Stromrechnung bezahlt, und als er ihr einen Staubsauger schenkt, setzt sie ihn vor die Tür. Trotzdem hat sie Angst, ihn zu verlieren.

Max wird dargestellt von James Spader, bekannt aus Sex, Lügen und Video. Er spielt die Rolle, die sonst den jungen stromlinienförmigen Starlets vorbehalten ist, die des weltfremden Schönlings. Fasziniert von Nora, will er doch seinen Gefühlen nicht ganz nachgeben. Er versteckt sie vor seinen Freunden und vor seiner Familie; die Liebe zu der „alten“ Frau ist ihm peinlich. Anfangs zumindest...

Der Mexikaner Luis Mandoki erzählt die Geschicht locker, unverkrampft und nicht ohne Witz. Er selbst meint, sein Film sei „letztlich nichts anderes als ein Beleg dafür, daß Liebe keine Barrieren kennt und man sie überall finden kann. Liebe kann ein Leben ändern. Es kann aber auch das Leben ändern, wenn man sich zu einer Liebe nicht bekennt.“ Wem sagt er das?

Seine moderne Love-Story ist kein Film, den man unbedingt gesehen haben muß. Aber immerhin ist er gut gemachte, intelligente Unterhaltung.

Luis Mandoki: Frühstück bei ihr (White Palace) mit Susan Sarandon, James Spader u.a. USA 1990, 104 Min.