Beur in Pariser Schlafstadt erschossen

Paris (taz) — Erneut mußte ein Franzose nordarabischer Abstammung die Spannungen in einer französischen Vorstadt mit dem Leben bezahlen: Ein Wachmann tötete am Dienstag abend im Einkaufszentrum von Sartrouville, westlich von Paris, den 18jährigen Djemel Chitou durch einen Herzschuß. Der Wachmann, der ebenfalls maghrebinischer Herkunft („beur“) ist, wurde in Untersuchungshaft genommen.

Etwa 60 Jugendliche machten ihrer Empörung in der Nacht gewalttätig Luft: Sie warfen Fensterscheiben von Geschäften ein und zündeten drei Autos an. Fünf Polizisten wurden leicht verletzt. Erst die Bereitschaftspolizei konnte die Ruhe wiederherstellen. Am Mittwoch griffen Jugendliche das Einkaufszentrum erneut mit Steinen an.

Warum der Wachmann schoß, war unklar, zumal private Sicherheitskräfte in Frankreich keine Waffe tragen dürfen. Nach Aussagen der Jugendlichen wurde Djemel Chitou aus der Cafeteria hinausgedrängt, weil er wegen des Fastenmonats Ramadan nichts verzehren wollte. Dabei sei er geschlagen und in den Rücken geschossen worden. Von seiten des Einkaufszentrums hieß es, es sei zu einem Handgemenge gekommen, weil die jungen Leute aggressiv aufgetreten seien.

Der konservative Bürgermeister von Sartrouville, Laurent Wetzel (CDS), beklagte die „schwere Beleidigung der Gewählten und der Ordnungskräfte“ durch die randalierenden Jugendlichen. „Mit solchen Leuten ist kein Dialog möglich“, sagte er und forderte eine Verstärkung der Polizei. Die Regierung sei schuld an einer „Übergettoisierung“ der Sozialwohnungen in seiner Stadt. Ein Leiter der Jugendorganisation „Chebab“ warf dem Bürgermeister vor, er schüre Haß zwischen den Kulturen.

Die Hoffnungslosigkeit in den französischen Schlafstädten produziert immer häufiger Unruhen: Die Ausbildungschancen sind schlecht, die Arbeitslosenrate extrem hoch. In Sartrouville gibt es zudem keine Aktionsmöglichkeiten für Jugendliche — die Cafeteria des Einkaufszentrums ist ihr einziger Treffpunkt. Bettina Kaps