Bündnis 90: Treuhand soll verstärkt sanieren

Berlin (taz) — Eine Gesetzesinitiative zur Neuorientierung der Treuhandanstalt hat gestern das Bündnis90 in Berlin vorgestellt. Kernpunkt des Entwurfs ist die Umkehr der bisherigen Arbeitsprioritäten: künftig Privatisierung von Betrieben nur dann, wenn sie in ihrer Substanz erhalten bleiben, Sanierung auch dann, wenn ein Erfolg des Unternehmens erst in einigen Jahren zu erwarten ist. Der Offenburger Professor Jan Priewe, Mitautor des Entwurfs, erinnerte in diesem Zusammenhang an die Sanierungskonzepte westdeutscher Unternehmen wie der AEG, die erst nach Jahren zum Erfolg führten. Die finanziellen Mittel zur Sanierung müsse die Treuhand über einen Solidarbeitrag der westdeutschen Wirtschaft und aus Staatsmitteln erhalten. Unternehmen, die eine Firma von der Treuhand übernehmen, sollen zudem verpflichtet werden, Investitionsgüter in den neuen Bundesländern zu kaufen, wenn dort wettbewerbsfähige Angebote vorliegen. Ein Hauptanliegen der Bündnis-90-Initiative ist die demokratische Kontrolle der Treuhand. So soll künftig ein Hauptausschuß des Bundestages die Arbeit der Anstalt kontrollieren. Den Belegschaften der Betriebe soll ein Mitbestimmungs-, den jeweiligen Landesregierungen ein Vetorecht eingeräumt werden. Bisher haben die von den Ländern gestellten Beiräte in den 15 regionalen Niederlassungen der Treuhand lediglich beratende Kompetenz.

Für ihre Gesetzesinitiative, die noch vor der Sommerpause in den Bundestag eingebracht werden soll, rechnen Bündnis 90/Grüne mit der Unterstützung von Abgeordneten der anderen Parteien. Die zwangsläufige Aufblähung des Apparates Treuhand durch die Sanierungsaufgaben und deren demokratischer Kontrolle ist Priewe lieber, als der derzeitige wirtschaftliche Kahlschlag. Der Bündnis-90-Abgeordnete Wolfgang Ullmann verwies mehrmals auf die eigentliche Aufgabe der Treuhand: das volkseigene Vermögen der Bürger der ehemaligen DDR treuhänderisch zu verwalten. Nur das könne Kern und Maßstab der Arbeit der Treuhand sein. Frank Brendel