Der Kleider-Fall bei Jean-Pascal

■ Über den Versuch, am echten Leben teilzunehmen

Sie kennen den Werbespot: Knapp 60 Sekunden lang werden die superdynamischen Anfangszwanziger aus allen Geschäften einer ananymen Einkaufshölle herausgeschmissen, bis sie endlich bei Jean Pascal einschweben. Dort reißen sie sich zu wilder Getto-Blaster-Musik die Klamotten vom Leib, und pflücken sich die paradisische Fashion von den Kleiderständern wie einst Adam und Eva den Apfel in Größe 38. Zum guten Schluß des Spots werden sie mit unzähligen Plastiktüten aus dem Eden der Mode vertrieben, aber wie glücklich sind die Sündigen nach ihrem Fall bei Jean-Pascal!

Alles Lüge! Alles falsch! Alles Schmuh! Die Wahrheit sieht, wie so oft, ganz anders aus und die taz weiß, wie: Wir testeten die Bremer Filiale der Textilkette auf Nerz und Jacken und fanden heraus: Wer bei Jean Pascal die Hose aus hat, macht sich des Kleider- Falls schuldig und wird ganz ohne Tüten vertrieben. Und schlimmer noch: Bis auf Lebenszeit wird es ihm verboten, die modischen Früchte der Ladenkette zu pfücken und muß schmoren bis an sein bitteres Ende im rauhen Sackleinen der Konkurrenz.

Am Gründonnerstag gegen 12 Uhr mittags betraten unsere beiden Testpersonen in gar ärmlicher Kleidung die Jean-Pascal- Filiale in der Obernstraße. Bobby McFerry blasterte aus dem Getto, und war viel lauter als die süßen Klänge aus dem Ladenlautsprecher. Als sie sich ihre schäbig Gewänder vom Leibe rissen, begann ein Chor der Verkaufsengel in den schrillsten Tönen eine gar fremde Weise: Von Anziehen war die Rede, und waren schnell die Himmelsdiener mit Walki-Talkis zur Stelle und dachten wunders, welche Teufel sich da an ihren Kleiderständern vergriffen.

Und als die ganze paradiesische Szene auch noch fotografiert wurde, da rasteten die Himmelsdiener völlig aus und begannen, auf die Eindringlinge einzuschlagen, rissen der Fotografin die Kamera aus der Hand und verteidgten das Paradies wie weiland der Erzengel Gabriel, als er noch nicht verstoßen ward.

Von wegen Fashion. Über Funk wurden alle Himmelswächter der Obersstraße zusammengerufen, denn der Herr hat eine ganze Armee, die seinen Einkaufsgarten schützen, ich sage es Euch wohl, und sind nicht zimperlich im Auftrag des Herrn und traten und prügelten um sich als sei Luzifer persönlich die neonbeleuchtete Rolltreppe heruntergefahren und wollten kein Einhalt machen bis die Polizei auftauchte.

Kein Auge blieb da trocken, und die anderen Besucher des Paradieses waren ob des Schauspiels doch sehr befremdet. Und während die 20 Himmelsdetektive die gefährlichen Eindrinlinge bewchten, haben hoffentlich möglichst viele kleine Teufel die verbotenen Früchte gekostet und das unbeobachtet Moment reichlich ausgenutzt.

Fazit des young-fashion Bummels bei Jean Pascal: Vier Anzeigen wegen Paradiesfriedensbruch und Hausverbot für immer und ewig, und das hat das taz- Team dann doch sehr verdrossen, denn nun müssen sie auf immer in ihrem Sackleinen durch die Straßen laufen. Eine schändliche Vertreibung ganz ohne Tüten und jetzt sagen Sie einmal, glauben Sie jetzt immer noch der Werbung? mad