Israel sperrt die PalästinenserInnen aus

Für den heutigen „Nationaltag“ der PalästinenserInnen kündigt die Polizei scharfes Vorgehen an/ Siedlungspläne für die NeueinwandererInnen verschärfen den Bodenraub an arabischen Gemeinden  ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin

Während die israelischen Juden an diesem Wochenende das traditionelle „Pessah“-Fest feiern, haben die Palästinenser in Israel und in den besetzten Gebieten für den heutigen „Tag des Bodens“ zu Demonstrationen und Kundgebungen aufgerufen. Der 30. März ist zu einem „Nationaltag“ der Palästinenser geworden, der das Festhalten an ihrer Erde, den Widerstand gegen Vertreibung und Landnahme symbolisiert.

Die Führung der fundamentalistischen Hamas-Bewegung hat zum Generalstreik in den besetzten Gebieten aufgerufen. Die israelische Armee ihrerseits hat bereits gestern morgen die Westbank und den Gaza- Streifen zu „geschlossenen Militärzonen“ erklärt, für Palästinenser aus den besetzten Gebieten wurde eine Einreisesperre nach Israel verhängt.

Die Stimmung in Israel ist äußerst angespannt, die israelische Armee wurde Freitag in Alarmbereitschaft versetzt. Am Donnerstag wurden bei neuen Auseinandersetzungen in den besetzten Gebieten wieder zwei junge Palästinenser — einer war 12 Jahre alt — von israelischen Militärs erschossen und mindestens 49 weitere verletzt. Gestern erschossen israelische Soldaten drei Jordanier, die illegal die Grenze bei Jericho überschritten hatten. Nach Angaben eines Armeesprechers trugen die 20, 15 und 12 Jahre alten „Terroristen“ ein Messer bei sich. Am Donnerstag hatte bereits ein Patrouillenboot der israelischen Marine vor der libanesischen Küste ein Schnellboot in die Luft gejagt. Nach Armeeangaben soll es sich um ein Selbstmordkommando gehandelt haben, das angeblich mit mehreren hundert Kilogramm Sprengstoff beladen war.

Auch die Attentatsserie auf jüdische Israelis geht unvermindert weiter: In der Altstadt von Jerusalem wurde am Donnerstag ein 76jähriger Jude in der Nähe der Klagemauer niedergestochen und schwer verletzt. Die Polizei nahm daraufhin mehrere Dutzend Araber fest. Als „zionistische Antwort auf die Messerattentate“, so der Direktor der Talmudschule Beit Orot, haben militante Israelis am Donnerstag vier Geschäfte im moslemischen Viertel der Jerusalemer Altstadt in Besitz genommen. Nach Angaben der Polizei hat eine dem israelischen Wohnungsbauministerium unterstellte Firma den Siedlern die Schlüssel zu den Läden gegeben.

Der Tag des Bodens der Palästinenser geht auf die Proteste gegen Beschlagnahmungen arabischen Bodens zurück, bei denen 1976 sechs Menschen in arabischen Dörfern Nord-Israels von den israelischen Ordnungskräften erschossen und 80 verletzt wurden. Von den Enteignungsplänen wurde in der Folge dann aber kaum Gebrauch gemacht. Doch der als „Falke“ bekannte Wohnungsbauminister Scharon will nun die noch vorhandenen Böden arabischer Dörfer für die Ansiedlung der Neueinwanderer aus der Sowjetunion verwenden, und dabei jetzt auch die bereits 1976 verordneten Beschlagnahmungen realisieren.

Wenn sich heute zum 15. Mal der Tag des Bodens jährt, geht es auch ganz konkret darum, den weiteren Bodenraub an israelischen Arabern zu verhindern, erklärt der Vorsitzende des „Komitees zum Schutz der arabischen Böden in Israel“, Fadel Na'amne: „Zehntausende von Dunam [ein Dunam = 1.000m2 — d. Red.] sind betroffen, zum großen Teil bebautes Land, von dessen Ertrag viele arabische Familien leben.“

Die Behörden, die die Siedlungen für die jüdischen Einwanderer aus der Sowjetunion planen, haben bereits zahlreiche Felder arabischer Dörfer „umgeschrieben“ oder jüdischen Städten „angegliedert“ — oft ohne die arabischen Ortsräte überhaupt zu fragen, schildert der ehemalige Bürgermeister eines arabischen Ortes, Fadal Na'amne, die Situation. „So haben zum Beispiel gerade vor zwei Wochen mehrere arabische Orte in der Umgebung von Nazareth einen neuen Kataster- und Grundstücksplan vorgelegt bekommen, aus dem hervorgeht, daß die Planungskommission des Bezirks der jüdischen Stadt Ober-Nazareth fast 8.000 Dunam bisher arabischen Bodens zugeschrieben hat.“ Damit hat das obere, jüdische Nazareth rund 30.000 Dunam Land bei etwa ebenso vielen Einwohnern, während im unteren, arabischen Nazareth rund 57.000 Einwohner auf nur 7.500 Dunam Land wohnen, erklärt Na'amne.

„Überführungen“ arabischen Bodens in den Besitz jüdischer Ortschaften finden heute in allen Teilen Galiläas statt. So ist eine neue jüdische Stadt zwischen Akko und Nahariya geplant, obgleich 75 Prozent des Landes der zukünftigen Stadt Privatbesitz der arabischen Bewohner des Dorfes Meilia sind.

Für den heute von den Palästinensern begangenen Tag des Bodens haben israelische Polizeikräfte massive Polizeipräsenz angekündigt, die damit begründet wurde, der Gefahr von Zusammenstößen zwischen arabischen Kommunisten und den islamischen Gruppen vorzubeugen. Knessetmitglieder der Opposition wiesen darauf hin, daß die arabische Öffentlichkeit bei der Vorbereitung des Tags des Bodens „große Zurückhaltung und Verantwortung gezeigt hat“, so die Abgeordneten Jossi Sarid und Haim Oron. „Die Polizei soll sich nicht — und keinesfalls auf provokative Weise — einmischen. Angesichts der bestehenden Hochspannung zwischen Juden und Arabern ist die Lage höchst heikel.“