Witz mit bitterem Beigeschmack

■ „Schulz & Schulz II“, Sonntag, 31.3., ZDF

Nein, Schulz & Schulz II hat mich nicht enttäuscht. War auch Schulz I noch urkomisch, so ist Schulz II etwas nachdenklich geraten. Damals: kurz nach dem 9.11.89, als alle in Mauerfalleuphorie verfielen, war es doch gar zu lustig, die poofligen Unterschiede zwischen deutsch und deutsch nochmals, gewissermaßen als Anekdote, im TV zu sehen. Wie hinkte doch das Fernsehen hinter der Realität her. Diesmal wissen wir es besser. Die Aufbruchstimmung ist nicht mehr. Depression im Osten und Arroganz im Westen machen sich breit. Und doch ist diese Fortsetzungsgeschichte mehr als nur ein Hinterherhinken. Sie erinnert nämlich. Sie erinnert an Gefühle und Situationen, die allzuschnell vergessen wurden.

Die Story: Zwillingsbrüder wurden vor der Teilung Deutschlands getrennt, wachsen in verschiedenen Systemen auf, der eine in Hamburg, der andere in Stralsund. Im ersten Teil fanden sie sich wieder, durch einen Zufall und ohne über die Jahrzehnte hinweg voneinander zu wissen. Sie tauschten in den ummauerten Jahren ihre Identitäten. Ostschulz ging nach Hamburg, Westschulz nach Stralsund: Eine Slapstick-Komödie über die Unvereinbarkeit zweier deutscher Staaten.

Im zweiten Teil nun ist die Mauer auch im Film gefallen. Die Freude ist groß, wie auch die Arroganz der Besserwessis und die Naivität der Ossis. Aber der Witz von Schulz & Schulz hat einen bitteren Beigeschmack erhalten. Das langsame Absinken in eine unerwartete Realität macht der Film auf eine überzeichnende und drastische Weise deutlich. Der ersten Euphorie folgt die Erkenntnis der harten Wirklichkeit. Im Film wie im Leben. Die Erzählstruktur folgt dieser Tristesse. Ist anfangs erst mal alles lustig, wird es ab Mitte der Komödie zum Drama. Die ersten Anklänge einer subtilen Tragödie, was während der Dreharbeiten — vor der Vereingung 1990 — noch nicht absehbar war, werden spürbar. Schulz West weiß Schulz Ost zu vereinnahmen. Der Sieg des Kapitalismus, die Abrechnung mit den Missetaten der Stasi, werden ebenso thematisiert wie das sehr deutsche Denunziantentum und Katzbuckeln. Zu wünschen bleibt, daß eine wenn auch klischeehafte Darstellung deutsch-deutscher Realität (Schulz & Schulz vielleicht als Serie?) weitergeführt wird. Nicht nur weil Götz George, der Darsteller der Zwillinge Schulz, hinreißend und mit viel Engagement spielt — man spürt seine Präferenzen, nämlich beim Ost-Schulz — sondern auch, weil Schulz & Schulz wesentlich mehr deutsch-deutsche Affinitäten auf den Bildschirm bringt als Die Lindenstraße. Trotz aller Überzeichnung, trotz aller Klischees und Karikaturen, ist dieser Ansatz von Fernsehserie immer noch erfrischender als die Probleme von Mutter Beimer. Am 3.Oktober1991 folgt Teil III von Schulz & Schulz. Petra Dubilski