Berliner Treuhandfiliale angekokelt

150.000 Mark Sachschaden/ „Thomas Münzers wilder Haufen“ schrieb Bekennerbrief  ■ Aus Berlin Plutonia Plarre

Zu dem Brandanschlag auf die Berliner Außenstelle der Treuhandanstalt am Morgen des Karfreitag hat sich eine Gruppe mit dem Namen „Thomas Münzers wilder Haufen“ bekannt. In einem Bekennerbrief wird die Treuhandanstalt als eine „Superbehörde“ bezeichnet, deren Auftrag es sei, „so viel wie möglich kaputtzuschlagen“.

Am Karfreitag gegen drei Uhr morgens waren in einer Zweigstelle der Berliner Treuhandanstalt zwei Brandsätze explodiert. Zwei weitere Brandsätze, die nicht hochgegangen waren, wurden von Polizeiexperten am Tatort entschärft. Der Treuhandanstalt-Direktor Wolf Schöde schätzte den entstandenen Schaden auf 150.000 Mark. Ein Teil des Mobiliars und der Akten sei beschädigt worden. In dem Bekennerschreiben der Gruppe „Thomas Münzers wilder Haufen“ ist davon die Rede, daß die Täter Akten und Disketten aus dem Zimmer des Treuhandanstalt- Abteilungsleiters für Finanzen, Wirtschaft und Recht „mitgehen“ ließen, „um mal genauer zu sehen, in welche Hände tatsächlich die vielen Milliarden aus Bonn fließen und wer dadurch geschmiert wird oder sich saniert“.

Der Berliner Staatsschutz hält das Schreiben für authentisch. Der Name „Thomas Münzers wilder Haufen“ sei bereits schon einmal in einem anderen Zusammenhang aufgetaucht, hieß es. Ob der Staatsschutz den Anschlag mit einer Gruppe namens „Thomas Münzer“ in Verbindung bringt, die sich im April 1988 zu zwei Brandanschlägen auf eine Technologie-Vermittlungsagentur und auf ein High-Tech-Unternehmen bekannt hatte, war gestern nicht in Erfahrung zu bringen. Außerdem hatte sich im März 1988 eine Gruppe mit dem Kürzel „TM“ zu einem Brandanschlag auf ein Technologiezentrum bekannt.

Der Staatsschutz will jedoch „in alle Richtungen“ ermitteln. Für nicht ausgeschlossen wird gehalten, daß der Anschlag von Wirtschaftskriminellen verübt wurde. Diese Vermutung war von Treuhand-Direktor Schöde in Umlauf gebracht worden. Schödes Begründung: In der Treuhandanstalt sei vor kurzem ein Fall von Wirtschaftskriminalität aufgedeckt worden, wobei die Außenhandelsbank im Zusammenhang mit der Umstellung von Transfer-Rubel- Konten um 4,7 Millionen Mark geprellt worden sei.