Von Beschäftigung freikaufen

■ Arbeitgeber entziehen sich dem Gesetz

Nach dem Schwerbehindertengesetz müssen Betriebe mit mindestens 16 Arbeitsplätzen sechs Prozent der Arbeitsplätze mit Schwerbehinderten besetzen. Dies ist nicht der Fall: 1.200 Bremer Schwerbehinderte sind arbeitslos. Und diese Zahl ist noch geschönt, denn viele Schwerbehinderte lassen sich nicht beim Arbeitsamt registrieren. Die Suche nach einem Job erscheint ihnen von vornherein aussichtslos.

Die Betriebe haben ein billiges Schlupfloch, um sich von der Beschäftigung Behinderter freizukaufen. Für jeden nicht besetzten Arbeitsplatz bezahlt der Betrieb eine sogenannte Ausgleichszahlung von 200 Mark im Monat. „Diese Zahlung hebt die Pflicht nicht auf“, so steht es im Gesetzestext. Die Landesarbeitsämter könnten Unternehmen mit Bußgeldern belegen. „Das kommt in der Praxis nicht vor“, so Horst Frehe vom Verein „Selbstbestimmt leben“. Frehe fordert mehr Druck auf private Arbeitnehmer. Und auch Doris Galda von der Landesarbeitsgemeinschaft „Hilfe für Behinderte“ hält wie Frehe Bußgeldverfahren und eine Erhöhung der Ausgleichsabgabe für erfolgversprechend.

Die Hauptfürsorgestelle, die dem Senator für Arbeit unterstellt ist und das Arbeitsamt kümmern sich um die Arbeitsvermittlung und den Kündigungsschutz von Behinderten, sowie um die Ausstattung von behindertengerechten Arbeitsplätzen. „Zu lasch“, so das Urteil von Horst Frehe über die Praxis der Behörden, wenn es darum geht, Arbeitsplätze für Behinderte zu schaffen.

Henry Spradau, Abschnittsleiter in der Hauptfürsorgestelle will von Druck auf die Unternehmen nichts wissen. „Eine überholte Denkweise“ sieht er in der Frehe- Forderung. „Wir sehen unsere Aufgabe in ernsthafter Überzeugungsarbeit.“ Dazu setzt die Hauptfürsorgestelle auf die Beratung und finanzielle Unterstützung von Arbeitgebern. „Wir müssen an den guten Willen der Unternehmer appellieren“, so Henry Spradau.

Daß viele Betriebe aus Mangel an Informationen vor einer Einstellung zurückschrecken und bessere Beratung notwendig ist, sieht auch Peter Reinhold, stellvertretender Schwerbehinderten- Vertrauensmann der Bremer Klöckner Werke. Nur jeder dritte Betrieb in Bremen erfüllt annähernd die sechs Prozent-Quote, Klöckner ist einer davon.

Derweil bleiben 5.000 Pflichtarbeitsplätze für Schwerbehinderte in Bremer Privatbetrieben unbesetzt. Bremen bildet im Ländervergleich damit das Schlußlicht. Thorsten Richter