PRESS-SCHLAG
: Die Kriegsgewinnler im Sportressort

■ Die Mutter aller Schlachten nährt auch den Sport: CNN-Profite können die „Goodwill Games“ retten

Peace! Der Pulverdampf verzieht sich, in die Bombenkrater sickert langsam Wüstensand, der GI ist wieder zu Hause bei Dosenbier und Mutti. Na gut, die eine oder andere Ölquelle brennt noch, bei den Kurden gibt es noch ein paar Kleinigkeiten zu regeln, aber ansonsten: Alles roger.

Nachdem die Kollegen von Politik und Wirtschaft ihre Resümees gezogen haben, der Preis pro Barrel seine verdiente Ruhe gefunden hat, darf auch der Sport mal ganz ressort-egoistisch fragen: Was hat er gebracht, der Krieg? Und sich an der Antwort freuen: eine Menge. Nicht nur, daß der weltweite Terrorismus Ereignissen wie Bundesligaspieltagen und Weltmeisterschaften im Eiskunstlauf den nötigen Respekt angedeihen ließ (nicht eine Bombendrohung!), gänzlich unbemerkt von der Öffentlichkeit sorgte General Norman Schwarzkopf für das Überleben der „Goodwill Games“.

Goodwill Games? Ja, genau, jenes freudbetonte Sportfest, von dem Michail Gorbatschow bei der Erstauflage in Moskau 1986 meinte: „Der Sport ist ein Botschafter des Friedens.“ Typisches Politikergeschwätz sowas, weshalb Ted Turner damals den Sinn der Veranstaltung erklärte, wie ein hemdsärmeliger Amerikaner aus Cincinatti/Ohio eben die Welt erklärt: „Wir sind alle Brüder. Niemand schmeißt seinem Bruder eine Bombe auf den Kopf, ausgenommen ein dämlicher, verdammter Hurensohn.“

That's it, Ted, und weil Mister Turner ein Tatmensch ist, warum also sollte er nicht den in Genf gipfelnden Ronald Reagan und Michail Gorbatschow mit einer flankierenden Maßnahme bei der Verständigung von Ost und West behilflich sein? Eine zutiefst humane Idee, die bei der Eröffnungsveranstaltung im Leninstadion von Moskau Tausende von Menschen inbrünstig zwei Hände formen ließ, die sich vertrauensvoll halten.

Freundschaft, Drushba!

Armer Ted Turner. 15 Millionen Dollar Verlust in Moskau. Tapferer Ted Turner, vier Jahre später in Seattle ein neuer Versuch: 26 Millionen Dollar, wieder in roten Zahlen geschrieben. Da ging dem Besitzer von Turner Broadcasting System (TBS) langsam der gute Wille aus: Keine Goodwill Games mehr? Hätte durchaus passieren können, aber dann kam dieser verdammte Hurensohn und rief zur Mutter aller Schlachten. Und CNN kam, die Tochter von TBS.

Wurde je der Bekanntheitsgrad einer Firma schneller gesteigert als im Fall Cable News Network (CNN)? Schwarzkopf live, Bush live, Panzer live. Peter Arnett, ein Held. Und Ted Turner sein Chef. Die Goodwill Games waren ja nicht seine erste Katastrophe. Cable News Network war bei der Bombardierung Libyens dabei, beim Verglühen der Challenger-Besatzung und am Platz des himmlischen Friedens in China. Nur, nie war damit richtig Geld zu machen. Die erste Originalübertragung eines Krieges änderte dies schlagartig. Heute kostet die Werbeminute bei CNN 60.000 D-Mark, vor dem Krieg am Golf waren es 15.000.

Wir im Sportressort können deshalb durchatmen. 1994, in Leningrad, das dann vielleicht nicht mehr so heißen wird, gibt es doch wieder Goodwill Games. Es sieht jedenfalls so aus. Und daß uns dann niemand Kriegsgewinnler nennt! Jeder Dollar hat eben seine zwei Seiten. Was können Ted Turner und der Sport dafür. Herr Thömmes