Designer Food: Das Dope für die Dummen

■ Die wunderliche Mixtur, Import aus Amerika, bringt die Gedanken zum Tanzen und den Kreislauf zum Kollaps

Auf künstliche Zaubertränke, die „körperliche Höchstleistungen und einen morgendlichen Kickstart“ versprechen, fallen nicht nur Bodybuilder rein. „Designer Food“ ist eine modische Instantnahrung, die zudem noch „Gedankenschärfe und verbesserte Konzentrationsfähigkeit“ sowie „Kreativitätssteigerung und mentale Fitneß“ in Aussicht stellt. In den USA ist die wunderliche Mixtur schon jahrelang im Handel. Die Pülverchen bestehen aus Eiweißen, Vitaminen, Mineralien und aufputschenden Substanzen. In den Foods enthaltene Aminosäuren bewirken angeblich einen „Neurotransmitterschub“ im Gehirn. Der soll die Gedanken zum Tanzen bringen — eine umstrittene Folgerung, die auf Thesen der amerikanischen Wissenschaftler Sandy Shaw und Durk Pearson zurückgeht. Die beiden verkauften im letzten Jahrzehnt in ihrem in Hippiekreisen zum Kultbuch avancierten Werk Life Extension einen direkten Zusammenhang zwischen den jetzt im Designer Food enthaltenen Nahrungszusätzen und andauerndem Lebensglück. Nur bewiesen wurde die paradiesische Beziehung bis jetzt nicht.

Um so flotter sind die Werbesprüche für die Wundermittel. Bei Fast Blast, dem Marktführer unter den rund zwanzig vertriebenen Foodprodukten, soll die Wirkung gar „einer leichten Dosis Kokain“ gleichen. Kein Wunder, daß die Pillen in diversen In-Diskos offen über den Tresen verkauft wurden. In Deutschland ist Designer Food ein genehmigungspflichtiges Arzneimittel. Der Moerser Amtsapotheker läßt daran keinen Zweifel: „Die in Designer Foods enthalten Substanzen dürfen nach dem Lebensmittelrecht nicht auf den Markt gebracht werden, wie das auf den Kreislauf wirkende Ephedrin. Zum anderen sind die darin enthaltenen Vitaminmengen höher als die deutsche Gesellschaft für Ernährung vorschreibt.“ Bis zu 4.500fach wird der empfohlene Tagesbedarf überschritten. In der Bundesrepublik gilt die dreifache Dosis schon als Maximum. Die hohen Dosierungen könnten zudem bei den Vitaminen A und D, die sich im Körperfett anreichern, zu Vergiftungserscheinungen führen. Und auch einige der in Designer Food auftauchenden Mineralien müssen die Kontrollbehörden zwingend auf die Palme bringen: Die darin enthaltenen Chrom-, Kupfer- oder Zinkanteile sind unzulässig. Weitere Nebenwirkungen sind deshalb nicht auszuschließen. „Manche Präparate enthalten sehr große Mengen Nikotinsäure“, erläutert Butz. Die Folgen zeigen sich schon rein optisch, denn die Menschen laufen krebsrot an, weil ihr Kopf sehr stark durchblutet wird. „Vor allem, wenn sie dann noch Kaffee und Alkohol trinken, kann das sehr unangenehm sein“, warnt der Apotheker.

Aber die Kids unter den Anwendern scheinen es genau darauf anzulegen: „Mit Fast Blast kann man lange saufen, ohne davon viel zu merken“, schwärmt ein Foodfan, „Die Wirkung ist etwa mit Amphetamin vergleichbar.“ Der Foodbestandteil Koffein macht's möglich. Kein Wunder, daß die Zollfahndung Fälle kennt, „wo manche auf Grund der Einnahme solcher Produkte mit einem Kreislaufkollaps umgekippt sind.“ Vor einigen Wochen beschlagnahmten sie 1,5 Tonnen Designer Food aus einem Flugzeug, Direktimport aus Amerika, der als „diätisches Lebensmittel“ deklariert war. Mit diesem rechtlichen Status wären Import und Vertrieb ohne weiteres möglich. Aber selbst der Diätstatus ist umstritten, weil dazu ein „besonderer Ernährungszweck“ nachgewiesen werden müßte. Und gesundheitsbezogene Werbung à la „erhöht die Denkfähigkeit“ ist auch für diätische Lebensmittel verboten.

Daß Zoll und Polizei die Pülverchen aus dem Verkehr gezogen haben, hat die Foodhändler nicht sonderlich beeindruckt. Nun werden die Pülverchen nicht mehr importiert, sondern im eigenen Land gemischt. Doch ob es in Zukunft zum Verkauf der „New Generation Designer Foods“ kommt, ist noch fraglich. Bislang hat noch keine Behörde das deutsche Food als harmloses Lebensmittel eingestuft. „Dann unterscheiden sich die Produkte kaum noch von Multivitaminpräparaten, wie man sie schon lange im Supermarkt kaufen kann“, prophezeit Butz. Thomas Meiser