Gefahr von Epidemien wächst

■ „Cap Anamur“ fordert Aufhebung des Embargos/ Not auch in Somalia

Bonn (taz) — Im Süden des Irak besteht die Gefahr von Cholera- und Meningitis-Epidemien, berichtete gestern Immanuel Jacobs von der Ärzte-Hilfsorganisation Komitee Cap Anamur. Zwei Wochen lang war er zusammen mit einem Chirurgen durchs Land gereist, „um zu sehen, wo Hilfe benötigt wird“. Jacobs Fazit: „Die internationale Staatengemeinschaft muß ihr Embargo gegen den Irak sofort aufheben — es trifft nur noch die Zivilbevölkerung.“ Die Versorgung mit Medikamenten, bezahlbaren Lebensmitteln, Wasser und Energie sei fast zusammengebrochen. UNO und EG müßten nun helfen, die Infrastruktur wieder aufzubauen.

In Kerbela im Süden des Irak hatten die Vertreter von Cap Anamur ein von Regierungstruppen beschädigtes Krankenhaus besucht. „Der Geruch von Blut und Leichen war grauenhaft“, berichtete der Cap- Anamur-Vertreter. In der Stadt Nadjaf sind, so Jacobs, wegen des schlechten Trinkwassers bereits 150 Kinder erkrankt: „Da ist eine Epidemie im Anmarsch.“ Das Komitee Cap Anamur sei jedoch mit dem Wiederaufbau der Infrastrukur in dieser Region „völlig überfordert“. Es konnte den irakischen Krankenhäusern jedoch mit 2,5 Tonnen Schmerz- und Narkosemitteln aushelfen. Jacobs warf der Bundesregierung vor, dies behindert zu haben: Erst nach wochenlangem Hin und Her sei für den Transport grünes Licht erteilt worden.

Die irakische Hilfsorganisation Roter Halbmond hatte das Komitee Cap Anamur gebeten, nicht nur Arzneien, sondern auch Ärzte zu schicken. Vor Ort stellten die beiden deutschen Komitee-Vertreter jedoch fest: „Es gibt genügend Ärzte — für uns ist hier nichts zu tun.“ Entgegen zahlreichen Fernsehberichten, so Jacobs, gibt es in Bagdad „kaum Zerstörungen und kaum Verletzte“. Falls das Embargo gegen den Irak jedoch bestehen bleibe, werde die Wasser- und Nahrungsmittelversorgung bald zusammenbrechen. „Dann kommt es zu einer Katastrophe“, warnte der Kommitee-Vertreter. Die Hilfsorganisation will ihre eigene Unterstützung jetzt „auf die flüchtenden Kurden im Norden des Irak“ konzentrieren.

Auch im ostafrikanischen Somalia, das berichtete der Cap-Anamur- Vorsitzende Rupert Neudeck, versagt die internationale Staatengemeinschaft. Dort sei zwar zumindest im Norden der Bürgerkrieg beendet, Hunderttausende von Flüchtlingen könnten jedoch nicht zurückkehren. Der Grund: Der Boden ist gespickt mit Landminen. Es sei „höchste Zeit“ mit einer professionellen Ausrüstung die Minen zu suchen und zu entschärfen. Im Moment sehe die Suche so aus: Jugendliche stochern mit Eisenstäben in der Erde; wenn sie eine Mine finden, schießen sie darauf. Dabei seien schon einige ums Lebens gekommen. Tina Stadlmayer