Verbraucher müssen nicht mehr lebenslänglich blechen

■ Bonn plant Schuldenbefreiung für zahlungsunfähige NormalbürgerInnen

Saarbrücken (dpa/taz) — Hochverschuldete VerbraucherInnen können künftig unter bestimmten Voraussetzungen von ihrem privaten Schuldenberg befreit werden. Einen entsprechenden Gesetzesentwurf seines Ministeriums kündigte der parlamentarische Staatssekretär im Bundesjustizministerium, Reinhard Göhner (CDU), gestern im Saarländischen Rundfunk an. Danach sollen VerbraucherInnen und kleine Gewerbetreibende nach sieben Jahren eine sogenannte Restschuldbefreiung erhalten können. In diesen sieben Bewährungsjahren müßten sie allerdings den pfändbaren Teil ihres Arbeitseinkommens an einen Treuhänder abführen, der das Geld an die Gläubiger weiterverteilt.

Bisher müssen VerbraucherInnen lebenslänglich für ihre Schulden blechen, können allenfalls auf eine Verjährung nach 30 Jahren hoffen. Im Gegensatz etwa zu einer GmbH, die sich im Konkursverfahren auflösen kann, wodurch dann niemand mehr für die Rückzahlung der Schulden zuständig ist.

Eine gemeinsame Studie von Bundesjustiz- und Bundesfamilienministerium hat ergeben, daß rund 35 Prozent aller Privathaushalte in den alten Bundesländern Schulden haben. Wiederum 1,2 Millionen der 18 Millionen westdeutschen Haushalte sind praktisch zahlungsunfähig. Voraussetzung der geplanten Schuldenbefreiung soll sein, daß der Schuldner „zumutbare Arbeit annimmt und jeden Arbeitsplatzwechsel meldet“, eine Arbeitspflicht also.

Sieben magere Arbeitsjahre

„Zumutbar heißt“, so Sachbearbeiter Martin Wölfel aus dem Bundesjustizministerium, daß „der Schuldner möglichst viel Geld für die Arbeit bekommt“. Nach dieser „Wohlverhaltensperiode“ von sieben Jahren solle das aufgelaufene Geld an die Gläubiger verteilt und die Restschuld per Amtsgerichtsbeschluß erlassen werden, sagte Staatssekretär Göhner.

Die Gläubiger hätten davon den Vorteil, wenigstens einen Teil ihrer Forderungen zu bekommen. Bei dem derzeit geltenden Recht, so Göhner, „hat der Konkursschuldner gar kein Interesse an einer teilweisen Abzahlung, weil er keine Chance für einen Neuanfang sieht“. Meistens arbeiten die überschuldeten Frauen und Männer dann schwarz, auch die Staatskasse hat also unter Steuerausfällen zu leiden.

In den sieben Wohlverhaltensjahren haben die Schuldner allerdings nicht allzuviel von ihrem Lohn oder Gehalt. Eine ledige Angestellte mit 2.800 Mark Nettoeinkommen müßte 1.432 Mark an die Treuhänder zahlen; eine vierköpfige Familie vom gleichen Betrag 372 Mark. Nach diesen sieben Jahren gucken die Gläubiger dann allerdings in die Röhre — ein Anreiz also auch für Banken, die Kreditwürdigkeit ihrer KundInnen sorgfältiger zu prüfen.

Der Gesetzentwurf soll nach Darstellung von Göhner noch vor der Sommerpause vorgestellt und das gesamte Gesetz noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet werden. Donata Riedel