Pax Americana!

■ Gedanken zu Ostern 1991

Gedanken zu Ostern 1991

Der Horror-Film Saddam I ist zu Ende. Das Publikum erhebt sich von den Plätzen, während der Nachspann mit den Namen der Opfer noch über die Leinwand flimmert. Aber wen interessiert das schon? Die Filmmusik aus Spiel mir das Lied vom Tod verklingt. Man geht nach Hause, erleichtert, daß alles nur ein böser Traum war — für uns. Das irakische Volk stirbt weiter.

Ungezählte irakische Soldaten wurden selbst dann noch zu Tode gebombt, als diese mit weißen Fahnen auf dem Rückzug waren. Die einfachen Soldaten, die sich gegen Saddam hätten auflehnen können, mußten sterben. Aber man hat dem unbotmäßigen Lakaien von Bagdad genügend Panzer und einen Teil seiner Elitetruppen gelassen, damit er in der Lage ist, sein eigenes Volk zu vernichten. Nichts anderes geschieht seit dem offiziellen Ende des Krieges — mit Artillerie, Napalm, Giftgas.

Nein! — Man wollte Judas Hussein nicht vernichten, den man doch einst so eifrig im Krieg gegen Teheran unterstützt hatte. Denn ein kastrierter, zurechtgestutzter Herrscher in Bagdad ist ein kalkulierbares Restrisiko. Dagegen wäre ein unberechenbarer schiitischer Mullah — ein irakischer Khomeini — doch genau das, was man mit dem achtjährigen Krieg gegen Iran verhindern wollte: die Ausbreitung des islamischen Fundamentalismus!

Und trotz allem fand der Horrorfilm ein höchst zynisches Happy- End: Kuwait ist frei! — Die Herzen der Kuwaitis brannten vor Freiheitsdrang, und dem Emir dürstete vor Heimweh. Jetzt brennt Kuwait und dürstet nach Wasser. Eine oppositionelle Zeitung wurde verboten, aber das Emirat ist frei, und die kuwaitischen Palästinenser sind Freiwild, weil ihnen ein arabisches Land näher stand als die Nachkommen der einstigen Kolonialmächte.

Doch der Film ist kaum zu Ende, wird auch schon das Drehbuch für Saddam II geschrieben. Der Drehort ist diesmal nicht Bagdad — das ist kaputt —, sondern Damaskus. Hauptdarsteller ist, unter anderen Verbrechern, der frühere Topterrorist Assad von Syrien, Produzent: Parablood-Pictures.

Wohl als Vorschuß dafür, daß er als Statist in Saddam I mitspielte, bekam er einen Teil des Libanons und durfte ungestraft die verbliebenen Christen massakrieren. Herr Assad hat sich auch schon für ein paar Silberlinge mit Scud-Raketen aus Nord-Korea eingedeckt. Diese seien noch besser als Saddams erste Garnitur — so sagt man.

Jetzt sollen Waffen im Wert von 18.000.000.000 Dollar in den Nahen Osten geliefert werden; allerdings nur für jene Vasallen, welche ihren Tribut bezahlt haben. — „Und noch ehe der Hahn dreimal kräht“, wird der Gong zur nächsten Runde ertönen. — Wozu das alles?! — Fürs Öl?

Gilt uns ein Menschleben nichts, solange es nicht unser eigenes ist? Ist das die Moral unseres christlichen Abendlandes? — Oder hat Martin Luther die Evangelisten bloß falsch übersetzt? „Herr, vergib ihnen, denn sie wissen genau, was sie thun!“ Helmut Oberst, Baden-Baden