Chinas neue Helden

Zhang Li heißt das Idol, zu dem die chinesische Jugend in diesem Jahr aufblicken soll. Dafür werden kräftig Berichte vom heldenhaften Verhalten des 23jährigen Soldaten unters Volk gestreut. Selbstlos und hilfsbereit sei der neue Held, verkündete stolz die Zeitung 'Liberation Army Daily‘, außerdem kümmere er sich um verletzte Kameraden, und mit seinem eigenen Moskitonetz beschütze er andere, auch wenn er sich selber den Stichen aussetze.

Mit Zhang Li glauben die chinesischen Funktionäre einen gefunden zu haben, der das richtige Gegengewicht zu den „ungesunden sozialen Strömungen“, die durch zehn Jahre Wirtschaftsreform und Öffnung entstanden sind, herstellen kann. In den 60er Jahren gab es schon einmal einen ähnlichen Helden, den Armeemechaniker Lei Feng, der sein kurzes 22jähriges Leben in unerschütterlicher Loyalität zur Partei lebte. Dafür wurde er von Mao als ein Ideal an „kommunistischer Selbstaufopferung und Erbarmen“ geehrt. Zhang Li hat in einem Album Fotos von Lei Feng, Mao, Deng Xiaoping und Jian Zemin mit der Aufschrift „brillante Vorbilder von drei Generationen chinesischer Führer“ versehen, und prädestiniert sich damit als Nachfolger. Gefragt, warum er so schwer arbeite, gab er zur Antwort: Wie sonst soll ich das Vaterland verteidigen. Bei dieser Einstellung stört es dann auch nicht weiter, daß er dreimal durch die Aufnahmeprüfung für die Offiziersschule rasselte. Schließlich hat er bei all den guten Taten nun wirklich keine Zeit, auch noch seinen Kopf zu gebrauchen.

Auch unter den Zivilisten soll in Peking mit allen Mitteln ein neuer Volksheld kreiert werden. Vom chinesischen Fernsehen wird gerade der beste Hausmann des Landes gesucht. Es soll ein Mann sein, der beispielhaft die traditionelle Herrscherrolle im Haushalt zugunsten einer partnerschaftlichen Beziehung aufgegeben hat. Der Gewinner muß jemand sein, der „sich selbst im Haushalt engagiert, gut mit dem Familieneinkommen auskommt und seine Frau auch sexuell zufriedenstellt“. 3.700 Männer aus Peking und Umgebung sind inzwischen in die engere Wahl gekommen und müssen nun einen Fragebogen ausfüllen. Am Ende sollen 36 Bewerber übrigbleiben, aus denen eine Jury Anfang Juli den Sieger auswählt. Das Fernsehen wird Szenen aus dem Familienleben der Finalisten senden. Wie die prüde chinesische Führungsclique das mit der „sexuellen Zufriedenstellung“ bildlich darstellen wird, darauf darf das Volk wirklich gespannt sein. Karl Wegmann