FÜR DEN AUFGESCHLOSSENEN HERRN

■ Eine Informationsveranstaltung besonderer Art für eine Reise besonderer Art

Eine Informations- veranstaltung besonderer Art

für eine Reise besonderer Art

VONK.K.

„Spezialreise nach Bangkok zum Sonderpreis für den aufgeschlossenen Herrn“ lautet die Annonce in einem lokalen Anzeigenblatt auf dem platten Land. Nach meinem Anruf wird mir das Programm der Spezialreise zugesandt samt Einladung für den Info-Abend. Ich nehme daran teil. Nur noch ein weiterer Herr erscheint außer mir. Meine etwas irritierte Frage, ob wir die Reise nur zu zweit machen würden, verneinen die Reiseanbieter aufs heftigste. 45 Männer hätten sich auf die Anzeige gemeldet. Einige wollten allerdings keinen Info-Abend mitmachen, andere Interessenten verweigerten die Zusendung des Programms mit dem Hinweis auf ihre Ehefrauen oder forderten eine postlagernde Zusendung. Außerdem, so der Reiseanbieter, habe schon vor einer Woche ein Info-Abend mit 14 Personen stattgefunden.

Ein Reiseleiter des Teams stimmt uns dann moralisch auf die Reise ein: „An dem ganzen Unheil in Thailand sind die amerikanischen Soldaten des Koreakriegs schuld gewesen. Aber heute sind die Mädels und der thailändische Staat auf die Touristen angewiesen.“ Es gäbe Gruppen, so führt er weiter aus, die gegen diese Art Reisen wären. Aber diese Gruppen hätten keine Ahnung, da die ,Mädels nun mal von dem Geschäft lebten. „Die deutschen Touristen tun für die Mädels viel Gutes (Preis pro Nacht, an das ,Mädel‘ direkt zu bezahlen: ca. 30 Mark). Wenn die ein paar hundert Mark zusammengespart haben, gehen sie wieder zurück in ihr Dorf und kommen erst nach ein paar Monaten in die Stadt zurück.“

Unser Reiseleiter verkündet, daß 1990 240.000 Deutsche nach Thailand gereist seien, und das, obwohl doch viele Männer erzählten, daß man im Sextourismusland Thailand keinen Urlaub machen könne. Aber er habe schon deutsche Männer in Thailand erlebt, die zum 35. Mal dort waren. „Manche fliegen zweimal im Jahr, weil sie es nicht so lange ohne Thailand und die Mädels aushalten.“ Er ergänzt euphorisch: „Alles, was Sie bisher über Thailand gehört haben, stimmt oder ist noch phantastischer wie das Gehörte. Wir Deutschen haben bei den Mädels dort einen sehr guten Ruf. Sie halten uns für korrekt, obwohl es auch Schweine unter den Touristen gibt.“ Unser Guide gibt zwei Beispiele: „Freier, die sich ohne zu bezahlen aus dem Staub machen, und Männer, die mehrere Frauen an einem Tag haben.“

Die Info-Reise soll in ein Mittelklassehotel nach Bangkok gehen, einem Etablissement mit Coffee-Shop, in dem die „Mädels“ schon warten — mindestens 20 für jeden Mann. „Dieses Hotel hat auch nichts dagegen, daß Begleiterinnen mit ins Zimmer kommen. In anderen Hotels in Bangkok ist die Mitnahme weiblicher Begleitung oft verboten“, wird uns erklärt. Der thailandkundige Reiseleiter, der in den letzten drei Jahren allerdings mehr Reisen nach USA geleitet hatte, erklärt, daß „jeder eine Frau abkriegt, egal wie er aussieht, wie alt er ist oder ob er behindert ist. Englischkenntnisse sind auch nicht unbedingt notwendig. Viele Frauen haben in der Zwischenzeit Deutsch gelernt“, beruhigt er uns. Weiter berichtet er über die Thailänderinnen: „Sie sind auf keinen Fall mit Prostituierten zu vergleichen. Sie sind treu, lesen einem jeden Wunsch von den Augen ab, da sie von klein auf zum Dienen und Gehorsam erzogen sind. Außerdem sind sie immer sauber, adrett und riechen (!!!) gut, auch wenn sie oft unter katastrophalen Umständen wohnen. Viele kommen aus ländlicher Gegend. Für Nachschub ist auch gesorgt, da die Mädels auf dem Lande vom Geld angelockt werden. Sie klauen einem nichts und warten bis spät in die Nacht, wenn man mal ohne sie ,losgezogen‘ ist. Aber wehe dem, der dann eine andere Frau mitbringt. Die Sitzengelassene wird zwar keine Szene machen, verschwindet aber tief verletzt auf Nimmerwiedersehen.“

Der Reiseleiter weiß natürlich auch von Männern zu berichten, die die thailändische Partnerin mit nach Deutschland genommen haben und bis heute eine glückliche Ehe führen. Weitere Erfahrungen gibt er preis: „Manche Männer überweisen ihrem Mädel pro Monat 100 bis 150 Mark und können dann sicher sein, daß sie bis zum nächsten Besuch ,ihrem Mann‘ treu bleibt. Bei wiederholten Besuchen wird man vielleicht sogar von den Frauen in ihren Pfahlbau eingeladen, und man möchte vor Scham in den Boden versinken, wenn man die Gastfreundschaft dieser armen Leute erfährt.“

Der „Thailand-Experte“ weiß auch über die Aids-Gefahr Bescheid: „Mit einem Kondom schützen muß man sich auf jeden Fall. Und“, fügt er sozialkritisch hinzu, „die Frauen dort hatten ursprünglich keine Krankheiten, die haben alle wir eingeschleppt.“

Der andere und ich haben aufmerksam gelauscht. Früher habe er solche Info-Abende auch mit Frauen durchgeführt, aber da könne man ja nicht richtig reden, bringt der Veranstalter die Sache noch einmal auf den Punkt. Schließlich möchten die Interessierten ja gleich wissen, was Sache ist mit den „Mädels“ dort. Deshalb habe er diesen Info-Abend nur für Männer ausgeschrieben, und auch die Reise soll ein reiner Männerklub werden. Keine Beziehungsprobleme sollten auftreten, denn die hätte er schon auf gemischten Reisen gehabt. Die Männer hätten ihn dann gefragt, wo sie hinter dem Rücken ihrer Frauen in ein Stundenhotel gehen könnten.

„Beim ersten Mal muß man die Reise nach Bangkok auf jeden Fall geführt machen“, wird der Sinn dieses Angebots erläutert: Wir bieten diese Reise an zum Reinschnuppern, zum eine Woche mal richtig auf den Putz hauen und um eine Kultur kennenzulernen, wie Sie an unserem Programm sehen.“

Ich wundere mich, daß das kleine Reisebüro auf dem Dorf ein solches Programm überhaupt anbietet, ohne auf Ressentiments von Nachbarn, Verwandten usw. zu stoßen. Zwar haben nur zwei Interessenten ihr Interesse öffentlich bekundet, viele teilen es allerdings — klammheimlich. Auf meine Frage, ob bald eine weitere Reise angeboten wird, verneint der Reiseleiter: „Nicht in dieser Art — vielleicht in Verbindung mit Hongkong und anderen Ländern in der Gegend.“