Brennstäbe sorgen für Zündstoff

■ Schon vor der Genehmigung in Grundremmingen, Ohu und Brunsbüttel sind in Hanau MOX-Brennelemente produziert worden/ Ab 1992 steigt die Produktion um das Vierfache

Gundremmingen (taz) — Norbert Eickelpasch, der Sicherheitsingenieur des 1.240-Megawatt-Atomkraftwerks Gundremmingen bei Ulm, spielt den Vorgang herunter: „Der Einsatz von MOX-Brennelementen ist ein Weg, den es immer — parallel zum Schnellen Brüter — gegeben hat. Das ist nichts anderes als Recycling.“ Doch die MOX- Brennelemente, mit vollem Namen Mischoxidbrennelemente, sind in Siedewasserreaktoren bislang lediglich in zwei Ländern versuchsweise, nämlich in der Schweiz und der BRD, eingesetzt worden.

Kamm und sein ehemaliger Parlamentskollege, der Münchener Chemieprofessor Armin Weiß, machen seit Wochen mobil in Sachen MOX- Brennstäben in Siedewasserreaktoren. „Das Gefährliche beim Einsatz dieser plutoniumhaltigen Brennstäbe ist, daß Siedewasserreaktoren nur über einen Wasserkreislauf verfügen, die Gefahr bei eventuellen Störfällen also ungleich höher ist als bei anderen Reaktortypen“, sagt Kamm. Grund genug, im bayerischen Landtag einen Dringlichkeitsantrag einzubringen, denn in Kürze soll auch in Ohu bei Landshut ein ähnliches Genehmigungsverfahren eingeleitet werden wie im schwäbischen Gundremmingen. Auch in Brunsbüttel in Schleswig-Holstein haben die HEW und PreussenElektra als Kraftwerksbetreiber den Einsatz von MOX-Elementen beantragt. 20.000 Einwendungen sind in Schleswig-Holstein gegen die Betreiber-Pläne eingegangen.

„Plutonium ist der gefährlichste radioaktive Stoff und dazu auch noch bombenfähig. Diese störanfälligen Brennstäbe jetzt in großem Stil in Siedewasserreaktoren einzusetzen, ist Leichtsinn“, wettert der Abgeordnete Kamm. Er gibt auch zu bedenken, daß in den USA schon seit den siebziger Jahren auf den Einsatz von MOX-Brennelementen verzichtet wird.

Die Kritiker des MOX-Einsatzes in Siedewasserreaktoren sehen den Grund für das Vorhaben in einem totalen Plutoniumüberfluß, der nicht zuletzt im Ende der Wiederaufarbeitungsanlage (WAA) und des Schnellen Brüters zu suchen ist. Der Abgeordnete Raimund Kamm spricht gar von einem geheimgehaltenen Vertrag zwischen dem Hanauer Brennelementewerk von Siemens, der Alkem- und Nukem-Nachfolgerin, und verschiedenen Atomkraftwerken. Bei Androhung einer Konventionalstrafe würden diese verpflichtet, entsprechende Mengen von MOX- Brennelementen abzunehmen. „Sonst bleiben die auf den Unmengen, die aus La Hague zurückkommen, sitzen.“

Der Werkleiter und stellvertretende Pressesprecher des Hanauer Brennelementewerkes von Siemens, Jürgen Krellmann, dementiert jedoch, daß es sich um einen Geheimvertrag handelt. Es gebe zwar neue Verträge mit den Energieversorgungsunternehmen, denn die 650 Millionen Mark, die man in die neue Technik investiert habe, müßten schließlich abgesichert werden. Aber geheim seien die Vereinbarungen nicht, auch wenn man sie natürlich nicht veröffentliche. Krellmann bestätigte allerdings, daß ab 1992 jährlich 120 Tonnen MOX-Brennelemente statt bislang 30 Tonnen produziert werden sollen. Und er sagt, daß bereits 16 MOX-Elemente für Gundremmingen fertiggestellt sind und im Lager in Hanau hängen, die auf die Auslieferung warten, sobald die Genehmigung erteilt sei. Sollte es nicht soweit kommen, dann könnten allerdings diese Brennelemente nicht einfach in Druckwasserreaktoren eingesetzt werden.

Der Referent für Energiefragen bei den bayerischen Grünen, der Physiker Karl Ammansberger, hat inzwischen, wie auch das Öko-Institut Darmstadt, darauf hingewiesen, daß auch der Transport von MOX- Brennstäben gefährlicher als bei herkömmlichen Uranbrennstäben sei. „Das Gefährliche an den MOX- Brennstäben ist unter anderem, daß jetzt in den Reaktoren das Plutoniuminventar verdoppelt wird.“ In einer öffentlichen Bekanntmachung hat das bayerische Umweltministerium darauf hingewiesen, daß im Fall Gundremmingen bis 25. April Einwendungen vorgetragen werden können. Wer diese Frist versäumt, der ist später nicht klageberechtigt. Klaus Wittmann