Bonn apart: Mord, noch mehr Mord

■ Wie Bonn über den Anschlag auf Rohwedder spricht

Erschütterung und Trauer, Empörung und Entsetzen, Abscheu und Bestürzung, schwerer Schlag und tief getroffen... Keine Floskel zu Morden wie dem an Detlev Karsten Rohwedder, die nach stereotyp wiederholtem Gebrauch von sämtlichen Bonner Hinzens und Kunzens nicht nur noch hohl, nur noch pflichtschuldig klingt. Und kaum ein Urteil über solche Taten der RAF, das nicht widersinnig, absurd, makaber ist: Zum Beispiel das des Bundespräsidenten. „Unmenschlich“ nennt er den Mord am Treuhand-Chef. Wann bitte, mag man den obersten Moralisten der Nation fragen, ist ein Mord menschlich? Kohl bekundete Trauer, unter anderem deswegen: Rohwedder sei ein „wertvoller“ Mensch gewesen.

Da müßte uns der Chef der Christen-qua-Parteibuch wirklich mal erklären, was — im Gegensatz dazu — ein wertloser Mensch ist. Ähnlich wie Kohl scheint auch der PDS- Abgeordnete Ulrich Briefs zu gewichten. „Entsetzt“ gibt er sich nämlich auch deswegen: „Die persönliche und fachliche Kompetenz von Detlev Rohwedder war unbestritten.“ Wolfgang Schäuble empört es unter anderem, daß der Anschlag „heimtückisch“ verübt wurde.

Heißt dies etwa, ein Schuß, von vorne abgegeben, und kurz nachdem der Schütze Rohwedder gewarnt hätte, wäre weniger verwerflich gewesen? Alfred Dregger, CDU/CSU-Fraktionsvorsitzender wie auch Renate Damus, Parteisprecherin der Grünen verurteilen den „feigen“ Anschlag. Mag an uns liegen, aber wir können uns schlicht nicht vorstellen, wie ein mutiger Mord ausgesehen hätte.

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„Haben wir nicht noch einen Niggemeier?“ Nicht selten, wenn es in anekdotenarmen Zeiten gilt, diese samstägliche Rubrik zu füllen, ertönt der Ruf durch die Räume der Bonner taz-Redaktion. Diese Woche haben wir einen Niggemeier. Horst Niggemeier, SPD-Bundestagsabgeordneter, gab diese Woche in Bonn zu verstehen, was der frühere DDR-Ministerpräsident Hans Modrow mit dem Mord an Rohwedder zu tun hat. Daß Modrow den Anschlag verurteile, sei „an sich schon ein moralisch peinlicher Vorgang.“

Zum Skandal werde der, wenn der PDS-Ehrenvorsitzende und ehemalige Dresdener Oberaufseher über die Stasi, welche wiederum die RAF ausgebildet habe, die Politik des Treuhand-Chefs massiv kritisiere — sprich mit Niggemeier:

Erst macht Modrow sich mitschuldig an dem Mord, dann heuchelt er Anteilnahme, und dann rechtfertigt er auch noch die Bluttat. Ferdos Forudastan