Die vergessenen Opfer von Belgrad

■ Die Bombardierung Belgrads durch die deutsche Luftwaffe jährt sich zum fünfzigsten Mal

Berlin (taz) — Am 14. November 1940 wurde die englische Stadt Coventry durch die deutsche Luftwaffe schwer bombardiert. Bei dem Angriff wurden 570 Menschen getötet. Ein halbes Jahrhundert später tafen sich am selben Tag in Coventry die englische Königinmutter mit dem deutschen Bundespräsidenten, um gemeinsam an der Gedenkfeier für die Opfer teilzunehmen.

Heute vor 50 Jahren, am 6. April 1941, dem Palmsonntag, wurde um vier Uhr morgens die jugoslawische Hauptstadt Belgrad — ohne Kriegserklärung — gleichfalls von deutschen Bombern angegriffen. Danach lag die Stadt in Ruinen, in denen laut jüngsten serbischen Schätzungen rund 15.000 Menschen den Tod fanden; anderen, unabhängigen Quellen zufolge waren bis zu 6.000 Opfer zu beklagen. 1981 übergingen die deutschen Medien den 40. Jahrestag der Bombardierung mit Schweigen. Vieles spricht dafür, daß es heute nicht anders sein wird. Es waren jedoch von deutschen Piloten abgeworfene Bomben, die die „Serbische Nationalbibliothek“ in Schutt und Asche legten und viele wertvolle Handschriften und Bücher vernichteten. Dem deutschen Bombardement fiel auch eine prachtvolle serbisch-orthodoxe Kirche zum Opfer.

Vor der Öffentlichkeit versuchte die deutsche Führung den Angriff auf eine wehrlose Stadt dadurch zu rechtfertigen, daß man im Rundfunk nach den ersten Bombardierungen von einer Aktion gegen die „Festung Belgrad“ sprach. Hitlers antiserbische Ressentiments waren sehr deutlich. Er sprach von einer „Strafaktion“ gegen das serbische „Verschwörernest“. Zur Stärkung dieser Behauptung wurde von der nationalsozialistischen Propaganda sogar der Mord von Sarajevo im Jahre 1914 als Beweis für eine gegen Deutschland gerichtete Tradition serbischen Terrors herangezogen. Die OKW-Richtlinien für die Behandlung von Fragen der Propaganda gegen Jugoslawien vom 8. April 1941 sahen eine wohlwollende Einstellung unter anderem den Kroaten gegenüber — und legten damit eine Wurzel für die gegenwärtigen ethnischen Konflikte in Jugoslawien. Nikola Zivkovic/rob