Mommsen-Kladde wiederentdeckt

Im Archiu der Akademie der Wissenschaften in Ost-Berlin wurde jetzt eine umfangreiche, bisher unbekannte Handschrift des Historikers und Literaturnobelpreisträgers Theodor Mommsen (1817-1903) über die römische Kaiserzeit entdeckt. Der Berliner Geschichtswissenschaftler Alexander Demandt stieß auf die Handschriftenkladde Mommsens in auffallend kleiner Schrift mit zahlreichen Korrekturen. Die an den Rändern zum Teil verkohlten Handschriftenblätter beinhalten Texte zur römischen Kaiserzeit, die in dem nie erschienenen vierten Band von Mommsens berühmter, mit dem Nobelpreis bedachten Römischen Geschichte behandelt werden sollte. Der Historiker hatte darüber von 1863-1885 Vorlesungen an der Humboldt-Universität gehalten, deren Manuskripte als verschollen galten. Das Ehepaar Demandt war jedoch Anfang der 80er Jahre in einem Nürnberger Antiquariat auf die Vorlesungsmitschriften eines Studenten gestoßen, die von der Schlacht bei Pharsalos 48 v.Chr. bis 476 und einem Ausblick ins Mittelalter reichen und Ende 1991 erscheinen.

Diese führten den Althistoriker Demandt dann zur Akademie der Wissenschaften, deren Mitglied Mommsen war. Dort entdeckte Demandt im März ein Appendix zum Manuskript des fünften Mommsen- Bandes mit dem Titel Römische Geschichte Bd. V (Ms. von Mommsen), darin ein weiteres Ms. zur röm. Geschichte. Es gehörte offenbar zu den Resten aus dem Brand im Hause Mommsen, bei dem sich dieser in die Flammen gestürzt haben soll, um seine Aufzeichnungen zu retten. Alles Material soll jetzt veröffentlicht werden, betonte Demandt, »Mommsens testamentarisches Verdikt gegen die Veröffentlichung seiner nachgelassenen Texte darf uns nicht stören«.