Wo bleibt die Friedensbewegung? -betr.: Völkermord an den Kurden

Völkermord an den Kurden

Ich empfinde es als unglaubliche Verlogenheit, wenn in diesen Tagen allenthalben in den Medien — Zeitungen, Rundfunk, Fernsehen — die Frage gestellt wird, wo denn die Proteste und Demonstrationen angesichts des Völkermordes an den Kurden im Irak blieben.

Ich möchte da am liebsten zurückfragen: Wo bleiben denn die betroffenen und solidarischen Besuche bundesdeutscher Minister und Bundestagsabgeordneter im Nordirak? Ist und war die Bedrohung der Israelis (und Palestinenser) durch irakische Waffen größer als die der Kurden? Sind die Deutschen nur einem Volk verpflichtet?

Eine Abwägung dieser Art lehne ich ab. Ich erhebe meine Stimme, wo es geht, um die Politik meines Landes zu kritisieren, wenn es nötig ist. Ich schreiben Briefe an ausländische Botschaften, wenn Verletzungen des Völkerrechts und der Menschenrechte unerträglich sind. Sie sind es immer — aber ich kann nicht das ganze Leid und das ganze Unrecht auf der Welt persönlich ändern.

Die Friedensbewegung ist die Stimme der Hoffnung all derjenigen, die ein friedliches Zusammenleben aller Völker für wünschenswert und machbar halten. Ich bin jedoch keine Berufsdemonstrantin und schon gar nicht in der Lage freiberuflich und privat die deutsche Außenpolitik zu übernehmen. Wir verfügen über eine gewählte Regierung, die — so hoffe ich — auch das Ziel eines weltweiten Friedens vor Augen hat, gewählte und gut bezahlte Berufspolitiker, deren Aufgabe es ist, sofort und bedingungslos Maßnahmen zu treffen, dieses Massaker beenden zu helfen.

Dieser Aufgabe wird die Politik nicht gerecht. In einer solchen Situation nach den Protesten der Bevölkerung zu fragen ist grotesk. Unter den Augen der Weltöffentlichkeit werden die Kurden gemordet, nicht erst seit letzter Woche. Politiker in (fast) aller Welt schweigen dazu. Woher soll die Friedensbewegung noch den Mut nehmen, mit Demonstrationen etwas bewirken zu wollen? An wen soll sich der Protest richten?

Ich werde nicht locker lassen. Aber jeder fasse sich an die eigene Nase. Barbara Stowasser, Bensheim